Seit einem Jahr stand die Blu-ray von „Cloud Atlas“ jetzt im Regal. Allein es war die Länge des Films von 172 Minuten, die uns bisher davon abgehalten hatte, den Film anzusehen. Gestern Abend haben wir uns dann endlich dazu durchringen können und was soll ich sagen: Ich bin grenzenlos begeistert.
Die Handlung hier zusammenzufassen, würde den Blogeintrag sprengen. Im Grunde genommen sind es sechs Filme in einem:
Handlung 1 spielt 1849 auf einem Segelschiff im Pazifik. In dem Historienfilm geht um Sklaverei und die Gier nach Geld.
Handlung 2 spielt 1936 in Schottland. Hier klingt Hass gegen Andersartige (schwuler Musiker und Jüdin) an und auch hier spielt Gier nach Erfolg und Geld eine Rolle.
Handlung 3 spielt 1973 in San Francisco. Diese Episode ist als Wirtschaftsthriller angelegt und zeigt die Machenschaften der Erdölindustrie, die bereit ist, für den Erhalt ihre Geschäfte über Leichen zu gehen.
Handlung 4 spielt 2012 in England und kommt als Komödie daher, in der der unsoziale und herzlose Umgang mit alten Menschen thematisiert wird. Auch hier ist die Gier nach Geld und Anerkennung vordergründig.
Handlung 5 spielt 2144 in Neu-Seoul (Südkorea) und ist ein echter SF-Film, der von genmanipulierten Menschen erzählt, die wie Sklaven ausgebeutet werden und keinerlei Rechte besitzen.
Handlung 6 spielt in einer postapokalyptischen Zukunft 106 Jahre nach dem Weltuntergang. Gezeigt wird der Überlebenskampf der letzten Menschen, ihre Hoffnungen und ihre Nächstenliebe.
Jeder Handlungsstrang könnte als eigenständiger Streifen durchgehen und man hätte sie auch linear nacheinander zeigen können, um die Aussage des Films zu transportieren. Doch gerade, weil man die Szenen mischt, von Handlungsebene zu Handlungsebene durch die Zeiten springt, bildet sich ein Mosaik, das einem mit offenem Mund staunen lässt. Die Umschnitte zwischen den einzelnen Handlungssträngen sind perfekt platziert. Und obwohl die Fülle an Informationen riesig und die Gegensätze der Szenen verwirrend sind, kann man der Handlung ohne weiteres folgen. Und durch viele faszinierende Ideen (wie die kindliche Sprache der Postapokalyptischen Zeitlinie) kommt in den 3 Stunden keine Minute Langeweile auf.
Grundsätzlich liebe ich ja Filme mit mehreren Handlungssträngen, aber der hier setzt noch einen drauf, da die Handlungen auch noch in verschiedenen Zeitepochen mit denselben Schauspielern spielen. Es dauerte zwar eine Weile, bis ich mich „eingesehen“ hatte, dafür bekam ich eine äußerst komplexe Geschichte in grandiosen Bildern vorgesetzt. Die Darstellerriege aus Tom Hanks, Halle Barry, Hugh Grant, Susan Sarandon u. a. glänzte mit hervorragendem Schauspiel in all ihren verschiedenen Rollen. In einigen waren die Darsteller unter dem Make-up gar nicht zu erkennen, manchmal wechselte sogar das Geschlecht, was dann aber eher zu unfreiwilliger Komik führte.
Zur Hauptaussage des Films möchte ich sagen, dass es vor allem um Freiheit und Selbstbestimmung geht. Es klingt auch Reinkarnation mit herein, da die handelnden Personen über alle Zeitebenen irgendwie miteinander verknüpft sind. Doch Letzteres war für mich als Botschaft nicht so bedeutsam. Daher stört es mich auch nicht, dass manche der Verknüpfungen etwas konstruiert wirken. Positiv fand ich den Gedanken, dass, obwohl die Menschen in all den Epochen immer wieder dieselben Fehler machen, sie am Ende doch über ihren Schatten springen und sich moralisch weiterentwickeln. Etwas, das mir in vielen SF-Filmen der letzten Jahre gefehlt hat.
Meine Hochachtung vorm Autor des Originalromanes „Der Wolkenatlas“, David Mitchell. Einen so komplexen Roman zu Papier zu bringen ohne den Roten Faden in all den vielen Handlungsebenen zu verlieren, ist eine großartige Leistung. Ich habe mir gleich mal den Roman bestellt.
Auch den Filmschaffenden rund um Tom Tykwer und den Wachowski Geschwistern gelingt es überzeugend den Stoff umzusetzen. Der Film wurde in Deutschland produziert, wo unteranderem auch gedreht wurde und ein Teil der Spezialeffekte entstand. Auch wenn er mit Hollywoodstars besetzt wurde, zeigt er doch, das man in Deutschland sehr wohl in der Lage ist, Blockbuster zu produzieren.