Open Air-Kino mal anders

Seit ich zum ersten Mal ein Video von den Schlosslichtspielen in Karlsruhe gesehen habe, wollte ich das Ereignis unbedingt live erleben. Deshalb sind wir extra für ein paar Tage nach Karlsruhe gekommen.

Gestern Abend versammelten wir uns dann mit Hunderten von Leuten vor dem Schloss, setzten uns dort auf die Wiese und bewunderten die Show. Los ging es nach Einbruch der Dunkelheit um 21 Uhr.

Es ist beeindruckend, egal ob man es nun aus der Ferne oder direkt vor dem Schloss beobachtet. Es gibt mehrere Shows in Folge, dazwischen wird ein wenig Werbung der Sponsoren gezeigt. Rundum kann man Essen und Trinken erwerben. Man kann als Spende auch ein Armband kaufen, denn für die ganze Veranstaltung ist kein Eintrittsgeld nötig.

Am besten gefielen mir die Stücke von Maxin10sity aus Ungarn. Sie waren es, die 2015 zum ersten Mal mit der Show »300 Fragments« Furore machten. (Ich berichtete darüber.) Ihre diesjährige Show fand ich fast noch beeindruckender.

Ähnlich beeindruckt haben mich die vielen Zuschauer aus allen Schichten der Gesellschaft und allen Altersgruppen. Manche hatten Campingstühle und Tische dabei und ließen sich vor der Show noch das mitgebrachte Abendbrot schmecken. Kinder tollten auf der Wiese herum und junge Leute filmten alles mit ihren Smartphones. Was zur Folge hatte, das gleich nach den ersten Beiträgen das LTE-Netz zusammenbrach, als alle ihre Bilder ins Netz luden.

Die Schlosslichtspiele sind wie ein großes OpenAir-Kino auf einer extrabreiten »Leinwand«, nämlich der Fassade des Schlosses. Die Fassade wird in die Filme integriert, was richtig coole Effekte hervorruft. Wer Interesse an solch außergewöhnlichen Vorführungen hat, sollte sich das nicht entgehen lassen.

Die Schlosslichtspiele in Karlsruhe gehen noch bis zum September. Die Vorführungen finden jeden Abend statt. Mehr auf der Homepage der Schlosslichtspiele. Es lohnt sich.

Das Schloss bei Tag und …
… bei Nacht
Es geht los! Die erste Show flimmert über die Fassade

Nur Berlin hat mehr Baustellen

… Diesen Satz bekamen wir vom Hotelportier zu hören, als wir in die Innenstadt von Karlsruhe aufbrachen.

Tatsächlich! Karlsruhe scheint eine einzige Baustelle zu sein: ein Tunnel hier, zwei Baukräne dort und überall Bauzäune. Dazwischen immer wieder beeindruckende Häuser im klassizistischen Stil und Parks mit vielen alten Bäumen. Wir verbrachten einige Zeit im Schloßpark und beobachteten Enten und Eichhörnchen, sowie ein Pärchen, das sich lautstark zankte. Es ging wohl um ein Foto, das sie machen wollte und er nicht erwarten konnte.

Der Vormittag war kühl, eine willkommene Abwechslung von der gestrigen Hitze. Am Verfassungsgericht vorbei spazierten wir zurück in die Fußgängerzone. Eine Menge Leute tätigten dort ihre Samstagseinkäufe, aber es war nicht halb so überfüllt wie ich das aus München kenne. Wobei mich an der Fußgängerzone störte, dass man entweder von der Stadtbahn oder von fahrenden Autos von der Straße gescheucht wurde. Also eine richtige Fußgängerzone, stelle ich mir anders vor. Dafür stößt man immer wieder auf kleine Parks und Grünflächen, wo man sich hinsetzen oder sich an einem der gut zweihundert Brunnen im Stadtgebiet erfrischen kann.

Das Beste ist jedoch das Hotel. Wir haben vom Zimmer aus einen direkten Blick auf den Zoo. Das ist fast wie eine Safari. Hinter dem Zaun kann man die kleinen Pandas beim Klettern beobachten, links davon springen die Gazellen durchs Gehege, am Hang dahinter schleichen die Leoparden über die Felsen und spielen mit herunterhängenden Ästen. Dazu eine Geräuschkulisse wie im Urwald: Brüllaffen, seltsames Vogelgeschrei und ein röhrendes Karibu. Das hat man definitiv nicht überall.

Ach ja, und das Frühstücksbüffet ist echt lecker, bis auf den Kaffee (da reden wir lieber nicht drüber). Dafür gibt es gleich nebenan das Café  »Tante Emma«. Geführt von einer jungen Frau, die in Südafrika geboren wurde und im Schwarzwald aufwuchs. Da gibt es nicht nur leckeren Kaffee, sondern auch Kuchen und Quiches wie von Oma, serviert auf altem Porzellangeschirr, alles biologisch und regional. Sehr schön!

Schneeleoparden vom Hotelfenster beobachtet
Unser Hotel aus der Sicht der kleinen Pandabären

Auf Dienstreise in KA

Die vergangenen zwei Wochen war ich kaum Zuhause. Eine Dienstreise folgte der nächsten. In dieser Woche war ich in Karlsruhe und bevor hier irgendwelche Verschwörungstheorien aufkommen, nein, mein Besuch hatte nichts mit Perry Rhodan und schon gar nicht mit der Autorenkonferenz zu tun, die ebenfalls Anfang der Woche ganz in der Nähe stattfand.

Ich besuchte einige Seminare, um mich in meinen neuen Job einzuarbeiten. Eine der Schulungen war wichtig und hilfreich, die andere war zwar interessant, stellte sich aber leider als irrelevant für die Firma heraus, in der ich arbeite. Das muss ich meinem Chef aber noch verklickern.

Jedenfalls bin ich ganz schön rumgekommen und habe viele Leute getroffen und neue Dinge erfahren und gelernt. Es ist ja immer spannend zu hören, mit welchen Problemen sich andere Menschen herumschlagen müssen. So lernte ich in den beiden Wochen einige Elektriker kennen, die über die vielen Vorschriften klagten, die ihnen der Gesetzgeber jedes Jahr auferlegt. Es wird nämlich zunehmend schwieriger, die Mehrkosten, die sich daraus ergeben, ihren Kunden zu erklären.

Ich war natürlich die einzige Frau in den Seminaren. Wobei ich mich ehrlich frage, wieso das so ist. Ich arbeite als techn. Systemplanerin und finde, dass dies eigentlich ein idealer Frauenberuf ist. Gerade weil Frauen gut planen können, sind sie für diese Arbeit eigentlich prädestiniert. Da aber den Mädchen heutzutage von der Gesellschaft weiß gemacht wird, dass Technik und vor allem Elektrotechnik nichts für Frauen sei, gibt es so wenige, die einen technischen Beruf ausüben möchten. Das finde ich unheimlich schade, weil diese Jobs wirklich spannend sind.

Um nochmal auf Perry Rhodan zurückzukommen. Bei dem Seminar in Karlsruhe fühlte ich mich dann doch ein bisschen wie auf der PR-Autorenkonferenz. Nicht wegen der Nähe zu Rastatt. Nein, zum einen sah der junge Mann mir gegenüber wie Christian Montillon aus und zusätzlich gab auch der Seminarleiter ein gutes KNF-Double ab. Was durch den schwäbischen Dialekt noch unterstrichen wurde. Da musste ich wirklich grinsen.

Am Karlsruher HBF kam ich dann noch in den Genuss, dass riesige PERRY RHODAN Poster zu fotografieren. Ich wurde zwar schief angeguckt, als ich mit meinem iPad in der Bahnhofshalle herumfuchtelte, aber das war es mir wert.

Ein Leben für den Punkrock

Quelle: Hirnkost
Quelle: Hirnkost

Wie schreibt man die Rezension zu einem Buch, bei dem man den Autor einigermaßen gut kennt?

Diese Frage stelle ich mir seit gut zwei Wochen. Solange habe ich nämlich »Für immer Punk« von Klaus N. Frick bereits durchgelesen. Und genauso lange liegt es jetzt schon auf meinem Schreibtisch. Ich gebe zu, dass es mir in diesem Fall schwerfällt objektiv darüber zu urteilen. Ich habe zwar keine Ahnung, wie ich unbeeinflusst darüber schreiben soll, aber ich versuche es trotzdem. Nach der netten Widmung, die der Autor mir dieser Tage noch im Buch hinterlassen hat, kriege ich’s wahrscheinlich am Ende doch nicht auf die Reihe, in dem Fall mag man mir verzeihen.

In 29 Kurzgeschichten erzählt Klaus N. Frick aus seinem Leben, mehr oder weniger jedenfalls. Wie er schon im Vorwort sagt, hat er den Wahrheitsgehalt der Geschichten verzerrt oder verändert, um sie für den Leser spannender und interessanter aufzubereiten. Das Besondere an den Erzählungen ist, dass sie in chronologischer Abfolge abgedruckt sind. Somit bekommt der Leser ein Gesamtbild über die Entwicklung eines Menschen, der sich nie in eine Ecke hat stellen lassen, oder gar in eine Schublade pressen. Konformität ist ihm genauso verhasst, wie Menschen ohne politische Meinung. Das zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Manche Geschichten sind witzig, andere skurril und eklig, und bei manchen guckt man einfach nur staunend aus der Wäsche und reibt sich die Augen. Eines ist allen gemeinsam: sie sind spannend und einfach schön geschrieben. Am Ende ist man wieder um einiges schlauer.

Ich werde nicht auf jede Geschichte eingehen, sondern nur die herauspicken, die bei mir besonders hängengeblieben sind. Viele Geschichten habe ich mehrfach gelesen, einfach weil sie interessant oder ungewöhnlich waren.

Bei der Einstiegsgeschichte »Mein erster Kuss hieß Monika« hatte ich ein Déjà-vu. Vor Monaten besprach ich an dieser Stelle das Buch »Meine total verrückte Welt« von Mike Schmitzer, dem Redaktionsleiter des Chiemgau Wochenblatts. Er schrieb in einer seiner Geschichten ebenfalls über seinen ersten Kuss. Jetzt fielen mir die vielen Parallelen auf, die die zwei Geschichten miteinander verbinden. Beide handeln Mitte der Siebziger, es spielt ebenfalls eine Cousine eine Rolle und es geht um Flaschendrehen, nur dass Klaus von Mutter und Tante erwischt wird und das Ganze somit weniger glücklich endet. Irgendwie scheint Flaschendrehen in den Achtzigern aus der Mode gekommen zu sein, denn ich kann mich nicht erinnern, das mal gespielt zu haben.

In »An der Croisette« entführt uns der Autor nach Südfrankreich. Ich fühlte mich dabei an seinen Peter Pank-Roman »Chaos en France« erinnert. Das Lebensgefühl, die Stimmung und das eklige Ende, da passt alles zusammen. Das ist Punk!

Bei der nächsten Geschichte bin ich mir fast sicher, dass sie exakt so passiert ist. So etwas Groteskes kann sich niemand ausdenken. Sie trägt den Titel »Bei Bernhard zu Hause« und es geht um einen Menschen mit einer ganz besonderen Zwangsstörung. Als ich die Geschichte gelesen habe, war ich viel zu fasziniert, um mich zu ekeln. Das kam erst hinterher.

»Eine Reise ins Mutschelland« ist eine der längeren Erzählungen im Buch. Hier geht es um ein Konzert in einem Möbelhaus. Klaus ist der Fahrer, der das Equipment von Karlsruhe nach Ulm chauffieren muss und dabei so einigen merkwürdigen Leuten begegnet. Hier zeigt sich, dass der Autor über eine sehr gute Beobachtungsgabe verfügt und Menschen zu charakterisieren weiß.

Es folgen ein paar Geschichten aus den Neunziger Jahren. Diese haben in fast allen Fällen einen politischen Hintergrund. Was darauf schließen lässt, dass der Autor in dieser Zeit politisch sehr engagiert war. Das ist der Teil des Buches, an dem es ein wenig zäh wurde. Ich hätte mir dazwischen gern auch mal eine unpolitische Geschichte gewünscht.

Geradezu geflasht war ich von der Geschichte »Stuttgart bei Nacht«. Darin werden Klaus und seine Freunde verhaftet, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Das ist sehr spannend erzählt und hat mir mal wieder die Augen über unsere »Freunde und Helfer« bei der Polizei geöffnet.

Die letzten Kurzgeschichten stammen aus den 2000ern. Hier lässt sich sehr schön der Wandel vom aggressiven Punk zum … gemäßigteren und gereiften Menschen ablesen. Man spürt, wie ein bisschen der Biss verloren gegangen ist, jedoch ohne das sich das negativ auf die Geschichten auswirkt. Sie sind genauso interessant, nur hat sich der Grundton geändert. Es klingt manchmal fast schon nostalgisch & melancholisch.

Überraschenderweise gibt es nur eine einzige Geschichte mit sexuellem Inhalt. Darüber sag ich jetzt nichts. Dafür wird in den meisten viel Bier getrunken und ab & an auch eine geraucht, um auch dem Ausspruch »Sex, Drogen und Alkohol« Rechnung zu tragen, als Bedingung für ein Buch über Punk.

Jeder, der sich für ungewöhnliche Geschichten interessiert, der wissen will, was einen Punk umtreibt, und der ein bisschen in die Geschichte der deutschen Punkszene hineinschnuppern will, dem sei das Buch wärmstens empfohlen. Es lohnt sich.

Erschienen ist »Für immer Punk« von Klaus N. Frick als Hardcover bei Hirnkost (ehemals Archiv der Jugendkulturen). Das Buch kann dort und in allen Buchhandlungen sowie beim Onlinehändler eures Vertrauens bestellt werden. Selbstverständlich ist die Kurzgeschichtensammlung auch als E-Book erhältlich.

Falsche Farben vertont

Ich höre gerade »Enpunkt Radio« im Querfunk – dem freien Radio Karlsruhe. Klaus N. Frick präsentiert dort einmal im Monat Punkrock und alles was man dazu zählen kann.

Heute spielte er unteranderem »Illegale Farben«. Die Band aus Köln habe ich schon vor Monaten für mich entdeckt. Seit März läuft das Album ziemlich oft, während ich vorm Computer sitze und schreibe. Die Texte sind allesamt vielschichtig, genauso wie die Musik.

Ehrlich, ich kenn mich mit Musik ja grundsätzlich nicht aus. Deshalb äußere ich auch nicht groß dazu. Ich kann nur sagen, mir gefällt‘s, ganz besonders der Titel »Neonblau«. Bei dem singe ich auch schon mal mit.

Ach was, schaut euch einfach die Videos an! Und keine Angst, Punkrock ist gar nicht so schlimm.
Kaufen kann man die LP/CD hier.

 

Fedcon Nachlese

Wo alles begann: 1994 auf der Fedcon II

Den letzten Tag auf der Fedcon haben wir ausgelassen, weil wir wieder zurückfahren mussten. Somit habe ich dieses Mal nicht alle Schauspieler mitbekommen, wobei ich die meisten schon mehrfach gesehen hatte. Schön wäre es gewesen Manu Intiraymi wiederzusehen. Den Schauspieler lernten wir persönlich vor einigen Jahren auf der ausgefallenen Trekgate-Convention kennen. Er saß damals schon im Flieger, als die Veranstaltung gecancelt wurde. Somit ging es ihm genauso wie einigen Fans, die Flüge und Hotel nicht mehr umbuchen konnten. Die Fans machten damals aus der Not eine Tugend und veranstalteten eine kleine Privatcon, die mir unvergesslich bleiben wird, weil es mit Manu damals einen Star »zum Anfassen« gab.

Ohnehin lernt man im Laufe der Jahre die kleineren Veranstaltungen zu schätzen. Die Fedcon mag allein durch ihre schiere Größe zu beeindrucken und dem Aufgebot an Stargästen, aber ein persönlicher Event mit nur einem Gaststar hat eine ganz andere Tiefe. Deshalb schätze ich die »An Evening with …« von FKM-Events bei denen wir schon viele schöne Abende verbrachten.

Für 25 Jahre Fedcon und 50 Jahre STAR TREK war die Dichte an STAR TREK Schauspielern angemessen, aber an die Fedcon 20 mit Scott Bakula und Wil Wheaton in Düsseldorf reichte sie nicht heran. So bleiben einige positive Erinnerungen aber auch ein paar Schatten. Vielleicht liegt es ja wirklich daran, dass man in den vergangenen 25 Jahren einfach schon zu viel gesehen und erlebt hat.

Die Rückfahrt verlief übrigens trotz Hagels und Starkregen erstaunlich glatt, weil wir erst über die A61 und A5 bis nach Karlsruhe und dort auf die A8 gefahren sind. Sieben Stunden brauchten wir trotzdem bis nach Hause.

Hier noch ein paar Fotos. Wer mehr sehen will, Sandra hat auf ihrem Blog eine ganze Foto-Galerie online gestellt.

Mit Galauniform in der Jeffriesröhre
Mit Galauniform in der Jeffriesröhre
Vor dem Transformer-Kostüm.
Vor dem Transformer-Kostüm.

Lichtspiele mit Schloss

Dieses Video muss ich unbedingt teilen. Ich bin so begeistert davon, dass ich es mir gestern gleich zwei Mal angesehen habe. So was Tolles habe ich noch nicht gesehen – das ist einfach der Hammer.
Nur zur Erklärung: Karlsruhe feiert heuer 300 Jahre Stadtjubiläum. Dafür hat sich die Stadt mächtig ins Zeug gelegt, es gibt jede Menge Kultur zu bestaunen. Ein Highlight sind die täglich stattfindenden Schlosslichtspiele. Da werden 3D-Animationen mit Projektoren auf die Fassade des Stadtschlosses geworfen, dazu gibts Musik. Das klingt zunächst nicht unbedingt spannend, aber was die Künstler daraus gemacht haben, kann sich echt sehen lassen.

Toll, dass würde ich zu gern mal live sehen.

Wie ich den Unsterblichen traf

In ein paar Tagen werden es fünfundzwanzig Jahre, seit ich zum ersten Mal Perry Rhodan begegnete. Die Geschichte ist so ungewöhnlich, dass ich sie unbedingt erzählen möchte.

Sie beginnt an einem kalten Tag im Februar 1990 an einem Bahnhof. Es muss sehr früh am morgen gewesen sein, vielleicht auch mitten in der Nacht, so genau weiß ich das nicht mehr. Mein Vater und ich wollten zum ersten Mal nach der Grenzöffnung zu meiner Tante in den Schwarzwald fahren. Der Interzonenzug fuhr zwar durch Saalfeld, hielt dort aber nicht an, sondern erst einige Kilometer weiter an der noch bestehenden innerdeutschen Grenze. Dort wurden Pässe kontrolliert und der Zoll nahm den halben Zug auseinander. Noch wenige Wochen zuvor durfte dort niemand zusteigen, nun bot sich für uns diese einzigartige Möglichkeit.
Doch einfach war es dennoch nicht, da der Zug (ein alter IC mit Abteilen) heillos überfüllt war. Die Menschen standen, saßen und lagen in den Gängen und sogar in den Durchgängen zwischen den Wagons. Irgendwie quetschten wir uns mit ein paar weiteren Reisenden noch hinein. Ich fand einen Platz vor der Toilette, den ich jedoch jedes Mal räumen musste, wenn einer aufs Klo wollte. So standen wir (ich saß zeitweise auf meinem Koffer) bis Stuttgart. In Nürnberg leerte sich der Zug zwar etwas, aber einen Sitzplatz bekamen wir nicht. Doch wir erlangten zumindest etwas mehr Bewegungsfreiheit.
Von Stuttgart ging die Reise in einem InterRegio weiter nach Karlsruhe. Ich weiß noch, wie beeindruckt ich von dem modernen Zug war, als er durch die vielen Tunnel rauschte. Und das beste war, wir hatten sogar einen Sitzplatz. In Karlsruhe stiegen wir in einen D-Zug nach Basel (Schweiz). Basel hat mehrere Bahnhöfe, in einem davon hielten und halten die Züge aus Deutschland. Dort stiegen wir in eine Regionalbahn, die uns endlich ans Ziel brachte. Ich habe keine Ahnung, wie viele Stunden wir unterwegs waren, aber es müssen acht bis zehn gewesen sein.
Meine Tante wohnte in Zell im Wiesental, einem kleinen Ort am Fuße des Hochschwarzwald. Sie hatte ein großes Haus, in dem sie, seit dem Tod ihres Mannes (dem Bruder meines Vaters) und ihrer Tochter, allein lebte. Ich durfte im Zimmer meiner verstorbenen Cousine schlafen, das so aussah, als hätte es die achtundzwanzigjährige gerade erst verlassen. Von hier aus, gelangte man über eine kleine Terrasse ins Dachgeschoss einer Doppelgarage, das als Speicher genutzt wurde.
Neugierig wie Fünfzehnjährige eben sind, sah ich mich dort um und machte eine Entdeckung nach der anderen. Denn dort lagerten Hunderte von Rätselheften, Comics, Büchern und Heftromanen. Letztere waren meist Arzt- oder Heimatromane, hin und wieder fanden sich auch Western und Kriegshefte darunter. Ich stöberte so lange, bis ich auf ein paar Hefte stieß, auf denen Raumschiffe und außerirdische Welten abgebildet waren. Irgendwie faszinierten mich die Abbildungen, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch kein großer Science Fiction-Fan war. Ich schnappte mir die Hefte und las sie abends im Bett. Sie hatten leider keine zusammenhängende Nummerierung; es waren teilweise schon etwas zerfledderte Erstausgaben aus den frühen Sechzigern. Dennoch nahmen mich die Geschichten gefangen. Es ging um eine Gruppe Raumfahrer, die auf dem Mond das Raumschiff gestrandeter Außerirdischer entdeckt hatten und um Mutanten. In einem Heft gab es einen Außerirdischen, der wie eine große Maus aussah und immer Mohrrüben futterte, das gefiel mir gut.
Am nächsten Tag durchsuchte ich den Speicher fieberhaft nach weiteren solcher Heften, fand aber keine mehr.
Bevor wir wieder nach Hause fuhren, fragte ich meine Tante, ob ich die drei Hefte mitnehmen dürfte. Sie hatte nichts dagegen und so kam ich in den Besitz meiner ersten PERRY RHODAN-Hefte.

Ein Vierteljahr später kam die Währungsunion und bescherte uns Ostdeutschen ungeahnte Möglichkeiten. Erst dann konnte ich meine Liebe zu PERRY RHODAN vertiefen, aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Übrigens, diese drei PERRY RHODAN-Hefte von damals, besitze ich heute noch. Es sind die Hefte mit der Nummer 10, 56 und 164.