Amerikanische Heuschrecken

Sie fallen unerwartet zu Tausenden ein, fressen alles kahl, und wenn sie weiterziehen, hinterlassen nur blanke Erde…

Heute hielt ich eine Software-Schulung ab. Nun, ich habe das schon öfter gemacht, es ist also nichts Neues für mich. Eigentlich sollte mich das ja stolz machen, das jemand von meinen Erfahrungen profitieren möchte, die ich immer gern und bereitwillig teile. Doch in diesem Fall plagt mich echt das schlechte Gewissen, denn ich werde Wissen weitergeben, das in der Endkonsequenz meine Kollegen arbeitslos machen wird, mich vielleicht auch. Ein bisschen fühlt es sich so an, als würde man an dem Ast sägen, auf dem man sitzt. Entsprechend motiviert fühle ich mich gerade.
Da denken sich ein paar „schlaue“ Manager etwas aus, um Bilanzen zu bereinigen, ohne auch nur einen Blick auf die Menschen hinter den Zahlen zu werfen. Da werden Pläne geschmiedet, ohne die Beteiligten nach ihrer Meinung zu fragen, und die, die am Ende dieser Kette sitzen, wie der kleine Angestellte, der jahrzehntelang brav seinen Job für die Firma getan hat, wird vor vollendete Tatsachen gestellt und darf schließlich die Suppe auslöffeln. Ich finde das nicht nur unfair, sondern auch abscheulich.
Aber weder ich noch die Kollegen werden daran etwas ändern können. Was bleibt ihnen anderes als die Verbreitung von Zweckoptimismus. Ich dagegen sehe die Lage düsterer. Es erinnert mich doch zu sehr an das, was sich nach der Wende in vielen ostdeutschen Betrieben abgespielt hat. Jetzt trifft es eben die Firmen in den alten Bundesländern, nur sitzen die Urheber dieses Mal im fernen Amerika.

…Mal sehen was übrig bleibt, wenn der Heuschreckenschwarm vorübergezogen ist.

Ein Drache zum diktieren

apps_DragonIch habe ein neues Spielzeug für mein iPad entdeckt. Aber was heißt hier Spielzeug… Es ist eine App mit einer, für mich, sehr nützlichen Funktion. Ich bin nicht besonders schnell, wenn es darum geht Texte zu tippen. So dauert es bei mir immer viel zu lange um Blogeinträge oder E-Mails zu schreiben. Doch damit ist jetzt Schluss! Seit ein paar Tagen benutze ich Dragon Dictation (von Nuance). Diese wunderbare App erkennt meine Stimme und wandelt sie augenblicklich in Text um. Dabei ist sie so einfach und auf das Wesentliche reduziert, dass ich anfangs meine Zweifel hatte, ob das überhaupt funktionieren wird.
Schon vor ein paar Jahren nutzte ich auf dem PC eine Spracherkennungssoftware und zwar Dragon NaturallySpeaking (auch von Nuance). Die damals genauso perfekt funktionierte wie die heutige App, mir aber bei der Erkennung auf Dauer zu langsam war. Da ist die App, der Software von früher, weit voraus, denn sie erkennt die gesprochenen Sätze schnell und fehlerfrei.
Was sehr hilfreich beim Übertragen meiner handschriftlichen Aufzeichnungen zu meinen Romanen ist. Die schreibe ich nämlich vorwiegend mit Stift und Kladde und tippe sie anschließend ein. Da dauert es natürlich ewig, bis man ein paar Seiten geschrieben hat. Heute gelang es mir, innerhalb einer Stunde ganze fünf DinA4-Seiten zu diktieren. Und außer ein paar Eigennamen hat die Software alles fehlerfrei erkannt. Ich war total happy.

Um dann anschließend den Text weiterzuverwenden, gibt es mehrere Möglichkeiten. Man kann den Text kopieren, um ihn in eine andere Anwendung einzufügen oder per E-Mail, Twitter oder Facebook teilen.
Ganz nebenbei ist es eine wunderbare Übung zur Kommasetzung. Denn beim Diktieren, fällt einem sofort auf, wo ein Komma gesetzt werden muss. Für jemanden wie mich, mit notorischer Rechtschreibschwäche, ist dies das ideale Training.

Natürlich gibt es auch Verbesserungswürdiges. Zum Beispiel kann man während der laufenden Aufnahme nicht sehen, was die Software erkannt hat. Das geht erst, wenn die Aufnahme beendet ist. So diktiere ich meist nur wenige Sätze, um anschließend zu überprüfen, ob die Software alles richtig erkannt hat. Doch das ist meist der Fall. Außerdem muss man zwangsweise Online sein. Gut finde ich aber, dass man den Zugriff, den die App auf Kontakte und Standort haben will, unterbinden kann.

Also, ich kann diese App nur jedem weiterempfehlen, der, so wie ich, nicht so schnell tippen kann.
Und das allerbeste daran ist, diese App hat mich keinen Cent gekostet. Da frage ich mich eigentlich: Warum? Denn für so eine hilfreiche Anwendung wäre ich durchaus bereit zu zahlen. Leider gibt es diese App nur für iPad und iPhone (für Android übrigens auch), um etwas ähnliches an meinem Mac zu nutzen, müsste ich die Premium Software „Dragon Dictate für Mac“ kaufen, aber das wäre viel mehr, als das, was ich eigentlich benötige. Die im App-Store angebotenen Variante, läuft leider nicht auf dem aktuellen MacOS Betriebssystem. Schade!

Starker Samstagabend-Krimi

DavidRott_starkes teamEin starkes Team – Tödliche Verführung (Foto: ZDF)

Normalerweise sehe ich keine deutschen Krimiserien. Denn mich stört, dass es außer Liebesschnulzen und Krimis, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, nichts anderes zu geben scheint. Gestern machte ich aber eine Ausnahme und das hatte einen bestimmten Grund. Der Grund hieß David Rott.

Die Handlung hörte sich interessant an: Da wird eine Frau ermordet, die nebenher als Prostituierte tätig war, ohne das ihr Ehemann davon wusste. Das Ermittlerteam versucht Licht hinter die Angelegenheit zu bringen, doch ihnen gehen alsbald die Verdächtigen aus. Zum Schluss steht der Nachbar im Zentrum der Ermittlung und das kann der Ehemann nicht verkraften.

Die Geschichte wird durchaus spannend und einfach erzählt. Der Zuschauer kann mitverfolgen, wie die Kommissare die Puzzleteile nach und nach zusammenfügen, und wird bis zum Ende im Unklaren gelassen, wer denn nun der Mörder ist. Außerdem kommt der Film nicht steif daher, sondern bietet auch komische Momente. Besonders gut fand ich die kleinen Seitenhiebe auf die Datensammelwut der deutschen Behörden, die ihre eigenen Beamten überwachen. Das war alles in allem gute Fernsehunterhaltung – nichts besonderes, aber unterhaltsam.

Die Darstellerleistungen waren solide, wirkten nicht gekünstelt, aber auch nicht sonderlich brillant. Einzig David Rott in der Rolle des labilen unter Narkolepsie leidenden Ehemanns, ragt aus der Riege der Schauspieler heraus. Seine Figur bleibt bis zum Schluss undurchschaubar.
Wer schon Krimis mit David Rott gesehen hat, weiß, dass er meist den Täter spielt. Was für seine Fans den Genuss aber nicht schmälert, denn man wird stets mit unkonventionellem tiefgründigen Schauspiel belohnt. Und so ist es auch bei „Tödliche Verführung“, mit dem überraschenden Ende, dass er dieses Mal doch nicht der Mörder ist. :)

Mir scheint, dass der Mann es inzwischen soweit gebracht hat, dass er sich seine Rollen aussuchen kann. Er spielt stets die interessanten Charaktere. Das sind zwar meist keine Hauptrollen, aber das scheint ihm nicht wichtig zu sein. Dazu kann man eigentlich nur gratulieren.

Wer mehr über den Fernsehfilm wissen möchte, kann das auf Tittelbach.tv tun.

Der Fuhrmann im Himmel

AurigaWenn man morgens kurz vor Sechs einen Blick in den südwestlichen Himmel wirft, so prangt dort das Sternbild des Fuhrmanns über dem Horizont.

Aufgebaut wie ein großes langgezogenes Sechseck ist es deutlich zu erkennen. Der Fuhrmann wird vom sternreichen Band der Milchstraße durchzogen.

Hauptkomponente ist Capella ein Mehrfachsystem aus zwei gelben Riesen- und zwei roten Zwergsternen. (Im Bild der oberste linke Stern.) Die beiden Gelben Riesen umkreisen sich auf einer so engen Bahn (0,7 Astronomische Einheiten), dass sie optisch nicht zu trennen sind, und nur in spektroskopischen Verfahren nachgewiesen werden konnte, dass es sich tatsächlich um zwei Sterne handelt. Einst waren Capella Aa und Capella Ab Blaue Riesen, sie sind jedoch in ihrem Alterungsprozess bereits soweit fortgeschritten, das sie sich ihrem Lebensende nähern und sich im Laufe der nächsten Millionen Jahre in rote Überriesen verwandeln werden, die schließlich in einer Supernova-Explosion vergehen. Was für uns Menschen nicht ganz so ohne wäre, denn Capella ist nur 42 Lichtjahre von der Erde entfernt. Capella gehört wie Rigel im Orion zum Wintersechseck.

Direkt neben Capella befindet sich Epsilon Aurigae oder auch Almaaz genannt. Bereits im neunzehnten Jahrhundert entdeckten Astronomen, dass sich die Helligkeit des Sterns periodisch veränderte. Heute weiß man das Almaaz ein Bedeckungsveränderlicher ist. Das heißt, dass sich dort zwei Sterne unterschiedlicher Helligkeiten umkreisen und hin und wieder einer den anderen verdeckt.

Insgesamt sechs veränderliche Sterne findet man im Sternbild Fuhrmann, darunter auch einen echten Cepheiden. Außerdem gibt es zwei Emissionsnebel und jede Menge offener Sternhaufen, von denen manche schon mit einem Fernglas gut zu beobachten sind.

 

Wiedergebrachte Erinnerungen

Als ich über die Feiertage meinen Schreibschrank aufräumte, fiel mir ein gelber Post-it in die Hände. Darauf ein paar mit Bleistift gekritzelte Textzeilen. Es war meine Schrift, aber ich erinnerte mich nicht mehr daran, es geschrieben zu haben. Dennoch wusste ich sofort, was ich gefühlt habe, als ich die Worte niederschrieb:

Groß, herausragend, hektisch und laut
wie ein Wald aus Stein gebaut
Einer Landschaft gleich mit tiefen Schluchten
umrahmt vom Wasser der Ozeanbuchten
Milbengleich das Getümmel der Menschlein
fließt durch Straßen das gelbe Blut
in dem Biotop aus Blech und Stein

Und da sah ich mich plötzlich wieder vor 16 Jahren …
… draußen auf der Aussichtsplattform, den scharfen Wind im Gesicht und unter mir die Stadt, die niemals schläft. Nur Häuser und Meer so weit mein Blick reichte, eingerahmt in eine Kulisse unterschiedlichster Geräusche, die von weit entfernt zu mir aufstiegen. Darüber ein Himmel, der sich mit der einsetzenden Dämmerung von einem gelben Orange in ein violettes Blau verfärbte. Nach und nach gingen die Lichter an, und die Betonwüste, die zuvor noch starr und tot wirkte, schien plötzlich lebendig zu werden. Die Scheinwerfer der Autos verwandelten die Straßen in Arterien, in denen das Leben pulsierte. Leuchtreklamen flackerten verheißungsvoll wie ferne Sterne in der kalten trockenen Nachtluft.

Ich glaube, mehr muss ich dazu nicht sagen, um zu verdeutlichen, wovon ich in dem Gedicht schrieb.
Ein wenig sehne ich mich heute an diesen Ort zurück. Es war eine tolle Zeit.

Der Kaiser und die Kaiserin

SisiIch habe es getan! Ich habe mir am Wochenende „Sisi“ angeguckt. Nein, nicht die „Sissi“-Filme mit Romy Schneider sondern die Neuauflage von 2009 mit Cristiana Capotondi und David Rott. Was sich schon anhand der Schreibweise des Titel erkennen lässt. Kaiserin Elisabeth schrieb sich selbst nämlich nur mit einem „s“ in der Mitte.

Die zweiteilige Koproduktion von ZDF, ORF und RAI ist eine prunkvoll inszenierte und bestens besetzte Neuverfilmung, die so gar nicht die Klischees der alten Sissi-Filme bedient. Und das ist auch gut so. Dieser Film ist eher als ernsthafte Auseinandersetzung mit der wahren Geschichte der Kaiserin Elisabeth gedacht. Auch wenn es hier und da noch kleine Unterschiede zur Realität gibt, so kommt diese Verfilmung der wahren Sissi dennoch näher, als die romantisch verklärten Heimatfilme der 50er.

Erzählt wird die Lebensgeschichte der Österreichischen Kaiserin von 1853 bis zu ihrer Krönung als Königin von Ungarn 1867. Dabei wurde viel Wert auf Authentizität gelegt, und das nicht nur bei Handlung und Charakterisierung, sondern auch bei Kostümen und Kulissen. Der so entstandene Film verschlang elf Millionen Euro, eine stattliche Summe, die aber nicht vergebens war. Es sind die opulente Ausstattung und der Dreh an Originalschauplätzen, die der Geschichte einen passenden Rahmen verleihen und ihn zu einem Augenschmaus machen. Natürlich gibt es romantische Szenen, die sich aber nie in den Vordergrund drängen und in keinster Weise kitschig wirken. Es geht in diesem Streifen vielmehr um Sisi’s Emanzipation als Frau, ihr Kampf gegen die allgegenwärtige Schwiegermutter (gespielt von Martina Gedeck) und ihre Einflussnahme auf die Regierungsgeschäfte ihres Mannes.

Getragen wird das alles von einer Riege hervorragender Darsteller. Allen voran von der Italienerin Cristiana Capotondi, die die Unbekümmertheit der jungen Kaiserin sehr gut zu transportieren weiss, obwohl sie bei den Dreharbeiten bereits 29 Jahre alt war. David Rott als Kaiser Franz ist in der schmucken Uniform nicht nur optisch eine Augenweide, sondern verleiht der Figur seinen ganz eigenen jugendlichen Charme. Das er dabei vorrangig auf den Wiener Akzent verzichtet (Obwohl er das sicher perfekt hinbekommen hätte, schließlich hat er seine Schauspielausbildung in Wien absolviert.), empfinde ich als ein Pluspunkt. Mit viel Tiefe spielt er die Zerrissenheit von Franz zwischen den Zwängen der Monarchie, seiner Liebe zu Elisabeth und seiner politischen Verantwortung. Erwähnenswert sind aber auch Fritz Karl als Graf Andrássy und Herbert Knaup als Sisis Vater Herzog Max.

Mein Fazit: Der vielschichtige Zweiteiler (197 Minuten) ist eine gelungene Mischung aus Historiendrama und romantischer Unterhaltung, man könnte ihn fast als politischen Film einstufen, aber dass wäre dann doch zuviel des Guten.

Kosmische Schundliteratur

muenchhausen_dunkelsternMünchhausen im Weltraum Band II – wie uns der Himmelsriese fraß … und wie ich einen Dunkelstern erhellte …

Am Wochenende machte ich eine Entdeckung. Aus dem Stapel alter abgenutzter Bücher, die noch aus einer vergangenen Erbschaft stammten, zog ich ein Buch, das mich verwunderte. Wir haben damals so viele Bücher von meiner Tante geerbt, dass ich mich beim besten Willen nicht an jedes erinnern kann. Ganz beiläufig nahm ich es am Samstag zur Hand, blätterte durch die vergilbten Seiten und blieb fasziniert und abgestoßen zugleich an dem Text hängen. Die Sprache war direkt und simpel und gerade deshalb so faszinierend. Und der Inhalt der Geschichte erinnerte mich ein bisschen an die Perry Rhodan Abenteuer aus den frühen Sechzigern, ohne aber dessen Qualität oder Ernsthaftigkeit zu erreichen.

Aber alles der Reihe nach. Erzählt wird die Geschichte eines modernen Baron Münchhausen, der mit einer fliegenden Untertasse im Sonnensystem auf der Flucht ist. Diese Untertasse hat er im vorangegangenen Band von einem Volk auf dem Marsmond Phobos „gestohlen“, zusätzlich mit der Mannschaft und zwei hübschen Damen, die ihm als Kommandanten nun zu Füßen liegen. Dieser Münchhausen stellt sich als Tausendsassa dar: Er kann alles, und es gibt keinen, der ihm das Wasser reichen kann. Sein riesiges Ego lässt ihn seine Mitmenschen, die er allesamt als unterlegen betrachtet, ziemlich grob behandeln. Ganz besonders Frauen begegnet er mit herablassender Überlegenheit und sieht sie eher als Eigentum, statt als gleichberechtigtes Lebewesen. Kein Wunder wenn sich eine der Damen rächt und die Steuerung sabotiert, so dass die Untertasse vom Kurs abkommt und zunächst in Sonnennähe einer lebendigen Dunkelwolke begegnet.
Auf ihrer Flucht verfehlen sie die Erde und müssen schließlich auf einer kalten Welt am Rande des Sonnensystems notlanden. (Warum der Planet im Roman stets als „Dunkelstern“ bezeichnet wird, hat sich mir leider nicht erschlossen.) Dort lebt ein Volk mit starren Moralvorstellungen. Sowohl Wetter als auch Licht sind künstlich geschaffen, doch nicht zum Wohl der Bewohner, eher zu ihrem Gegenteil. Keiner soll sich wohl fühlen, es gibt weder Schatten noch Wärme, keine Freude, keine Liebe und erst recht keine Lust. Alle männlichen Bewohner werden nach der Pubertät impotent, einfach weil ihnen die Übung fehlt.
Das stößt mit Münchhausens lockeren Moralvorstellungen natürlich in konträrer Weise zusammen. Auch wenn er sich zunächst nicht einmischen will (Man beachte, welch fortschrittliche Denkweise – verglichen mit PR) kommt es doch durch einen Handkuss zur unweigerlichen Reaktion einer weiblichen Bewohnerin. Der Baron ist nämlich ein von allen Frauen begehrter Mann, er sich ausnahmslos als toller Hengst darstellt. So kommt es, wie es kommen muss: Die Frauen des Planeten, von Münchhausen quasi „sexuell befreit“, brechen eine Revolution vom Zaun und machen den Baron zum neuen König. Doch das ist dem freiheitsliebenden Münchhausen dann doch zuviel. Er flieht mit seiner Mannschaft und lässt den Planeten in Anarchie zurück…

Anfangs war ich mir nicht so ganz sicher, wie ich den Roman einschätzen sollte. Man darf ihn keinesfalls als ernstgemeinte Geschichte sehen, eher als Satire. Und aus diesem Blickwinkel offenbart der Text durchaus eine Fülle an Systemkritik: Sei es an den überzogenen Moralvorstellungen von Kirche und Staat, oder am Missbrauch von Macht durch Regierungen. So geniale Aussagen wie: „Kein Mensch redet davon die Moral abzuschaffen. Das wäre die größte Dummheit, die ich machen könnte. Ich stehe auf dem Standpunkt, die Moral hört dort auf Moral zu sein, wo sie unmoralisch wird.“ haben mich in Erstaunen versetzt. Ganz nebenbei wird Doppelmoral enttarnt und spitzzüngig Kritik am System geübt. Zwischendrin schimmert der Gedanke durch, das man Anarchie als etwas begrüßenswertes auffassen sollte.
Auf der anderen Seite aber steckt Münchhausens Denkweise in der damaligen Zeit fest. Der Roman richtet sich eindeutig an ein männliches Publikum. Die Geschichte liest sich an vielen Stellen so pubertär, dass es die Rahmenhandlung eines Pornos sein könnte. Manchmal scheint es, als tropfe die Frauenfeindlichkeit regelrecht von den Seiten. (Ehrlich, da ist PR noch harmlos dagegen.) Auch geht Münchhausens Handeln nicht mit der geübten Kritik konform. Denn das, was er predigt, scheint nicht für alle zu gelten.

Einerseits gesellschaftskritisch und andererseits menschenfeindlich, lässt mich der Roman am Ende etwas zwiegespalten zurück. Überrascht hat er mich dennoch. Für ein Buch das 1955 veröffentlich wurde, erscheint der Schreibstil und ein Teil der Aussagen im heutigen Licht erstaunlich modern. Es erinnert mich mit seinen aufmüpfigen Aussagen und in seiner offenen Sprache fast ein wenig an Punk.

Bei eBay wird eine Ausgabe dieses Buches als Sammlerstück für 59 Euro angeboten. Da habe ich wohl einen echten Schatz entdeckt.

Bemerkenswert ist aber das Vorwort des anonym erschienen Werkes. Wer möchte kann es hier nachlesen.

Vergessener Schatz

Anlässlich des Weihnachtsbaumrückbaus am heutigen Vormittag, nutzte ich bei meinen Eltern gleich mal die Gelegenheit, aufzuräumen und richtig sauberzumachen. Ich räumte Schallplatten ins Regal und entsorgte alte Zeitschriften. Dabei fiel mir ein Bündel Trauerkarten in die Hände, welche wir nach dem Tod meiner Großmutter 1986 erhalten hatten. Ich reichte sie gleich mal an meinen Vater weiter, der sie in der nächsten Viertelstunde mit großem Interesse durchsah. Auf einmal stand er mit einem lauten „Das gibt’s nicht!“ in der Tür. Er las mir eine der Trauerkarten vor und ich verstand zunächst nicht, was er meinte, denn der Text hörte sich völlig üblich an. Doch als er mir dann die Karte in die Hand drückte und ich sie aufschlug, entkam mir ebenfalls ein: „Das kann nicht wahr sein, oder?“

In der Karte lag fein säuberlich noch ein Zwanzig Mark Schein. Und nein, es waren keine DM: Es waren zwanzig Mark der DDR …

Unfassbar! Seit fast dreißig Jahren dämmerte das Geld jetzt in dem Kartenstapel. Dabei waren zwanzig Mark in der DDR viel Geld, mit dem man allerlei nützliche Dinge hätte kaufen können. Zum Beispiel hätte man dafür zweihundert Semmeln oder zwölf Brote bekommen oder zwei Büchsen Ananas. Es wäre unter Umständen auch eine Nylonstrumpfhose drin gewesen oder nicht ganz vier Tafeln gute Schokolade. Gut, für eine Flasche Goldkrone (Weinbrand) hätte man nochmal neun Mark drauflegen müssen, aber da hätte man das Geld besser in einer Kneipe auf den Kopf hauen können.
Jetzt ist es für all das zu spät, weil es nur noch Erinnerungswert hat. Aber es war eine vergnügliche Erinnerung, trotz des damals traurigen Anlasses.

Lehrreicher Zahnarztbesuch …

… oder wie man sich als Anschauungsobjekt fühlt.

Gestern war ich beim Zahnarzt. Okay, der eine oder andere mag jetzt denken, das ist aber jetzt nicht so spannend. Ich würde auch nicht davon erzählen, wenn der Besuch nicht ein kleinwenig ungewöhnlich gewesen wäre.

Eigentlich war ich ja nur zur „professionellen Zahnreinigung“ da und plauderte zunächst ich ein wenig mit der ZFA (Zahnmedizinische Fachangestellte), bis sie loslegte. Und ich mich sofort fragte: Haben die ein neues Gerät für die Zahnsteinentfernung angeschafft? Denn das fühlt sich heute aber angenehm an. Nach ein paar Minuten stellte sich raus, das besagtes Handwerkszeug zwar neu war, aber nicht funktionierte. Nach ein paar vergeblichen Versuchen, das Gerät wieder in Gang zu bringen, wurde schließlich auf die althergebrachte Technik zurückgegriffen. Und ja, das Gefühl kannte ich dann wieder. Zwischenzeitlich streikte auch noch die Stuhlmechanik, aber ich bin ja bei sowas hart im Nehmen.

Irgendwann mittendrin tauchte dann an meiner Linken ein junges Mädchen auf. Aus der Begrüßung hörte ich heraus, dass es der Azubi war. Sofort wurde ich meines Amtes als “ Einwegsauger-Halterin“ enthoben. Und damit das „Kind“ auch was lernt, durfte sie auch noch mit ihrem eigenen Spiegel in meinen Mund herumwerkeln. So hatte ich nicht nur den Sauger, das Reinigungsgerät und den Spiegel der ZFA, sondern auch noch den Spiegel des Azubis im Mund. Und das, wo ich eh schon Probleme habe, den Kiefer weit genug aufzusperren. Aber okay, was macht man nicht alles für die Bildung der Jugend.

Denn ab jetzt wurde es erst richtig interessant. Die ZFA stellt dem Azubi nämlich Fragen zum Ablauf einer professionellen Zahnreinigung. Die Antworten kamen nur zögerlich und waren meist falsch. Wahrscheinlich war die Gute selbst noch nie bei einer Zahnreinigung gewesen. Denn selbst ich, die keine Ahnung von zahnmedizinischen Praktiken hat, hätte die Fragen locker aus reiner Erfahrung beantworten können. Noch interessanter wurde es, als es um die Details der Abrechnungspraktiken ging. Da wird zwischen einwurzligen und mehrwurzligen Zähnen unterschieden, verschiedene Faktoren eingesetzt, um an mehr Geld zu kommen. Und das diese je nach Freundschaftsgrad auf- oder abgerundet werden können. Auf meine Frage hin, ob ich noch etwas Wasser zum Spülen bekommen könnte, bekam ich die ironische Bemerkung, dass das dann aber auf meiner Rechnung extra abgerechnet würde. So ein bisschen Spaß zur Aufmunterung tut echt gut. Inzwischen fühlte sich mein Zahnfleisch nämlich an wie rohes Fleisch.

Nach einer knappen Dreiviertelstunde hatte ich dann alles hinter mir. Inklusive der Fluorlackierung meiner Zähne, die bei mir jedes Mal ein Würgen provoziert. Ich freue mich jedenfalls schon auf die versprochene Rechnung.

Dennoch verließ ich mit einem positiven Gefühl die Praxis. Warum? Der Zahnarzt, dem ich beim letzten Besuch von meinem Roman erzählt habe, hat sich doch tatsächlich ein Exemplar bestellt.

Da war ich baff.

Atopische Spannung

„Das Atopische Tribunal“ heißt der derzeitige Zyklus der Perry Rhodan Erstauflage (EA). Ich lese nicht jeden Roman, so viel Zeit habe ich gar nicht, aber ich kaufe mir die Hefte meist wenn irgendetwas Besonderes geschieht, der Heftroman viel Lob bekommen hat oder ein Gastautor den Roman geschrieben hat. Oder auch nur wenn im PR-Journal ein, für mich, interessanter Artikel steht.

Toll fand ich den ersten Roman von Andreas Eschbach, „Der Techno-Mond“ war ein würdiger Einstieg in den Zyklus. Besonders gut gefallen haben mir auch „Das Sorgenkind“ von Gastautorin Tanja Kinkel und „Die Engel der Schmiege“ von Caroline Brandt (Wer auch immer sich hinter dem Pseudonym verstecken mag.).

Der Zyklus ist tatsächlich spannend und vielschichtig. Die Protagonisten handeln logisch und mit Köpfchen und die Antagonisten sind schwer zu durchschauen. Das mag ich.

Ich hinke ja mit dem Lesen der EA immer etwas hinterher. Am Mittwoch nahm ich den Roman „Der Kosmoglobus“ von Hubert Haensel mit auf den Weg zur Arbeit. Ich habe ja im Zug genügend Zeit zum Lesen und die kleinen Hefte nehmen in meiner Tasche nicht viel Platz ein (weniger als ein E-Book-Reader). Der Roman war so gut, dass ich mir gleich am Donnerstag den Anschlussroman „Stadt der Kelosker“ von Oliver Fröhlich vom Stapel gegriffen habe. Der Roman war überaus spannend und gut erzählt. Blöd nur, dass ich nach der Arbeit am Donnerstagabend nach Thüringen gefahren bin und nun bis Dienstag warten muss, bis ich im nächsten Roman „Störfaktor Gholdorodyn“ von Uwe Anton erfahre, wie es weitergeht.

Im Gegensatz zur „PR-Stardust“-Serie machen die Verantwortlichen im derzeitigen Zyklus der PR-EA alles richtig. In wenigen Heften steht das Finale an und ich bin schon gespannt, wie der Handlungsbogen endet.

Ich möchte an dieser Stelle mal der Bahnhofsbuchhandlung in Traunstein ein Lob aussprechen. Die haben stets alle aktuellen PR-Hefte vorrätig. Und dort bekommt man auch mal Ausgaben von vor ein paar Wochen, wenn einem erst reichlich spät einfällt, dass man vergessen hat den Roman kaufen. Ansonsten wird es zunehmend schwerer an die Heftromane heranzukommen. Viele Kioske und Zeitschriftenläden führen die Serie gar nicht mehr. Am Münchner Hauptbahnhof hat ein einziges der vielen Zeitungsgeschäfte PR-Hefte. Und das finde ich echt schwach. Wie will man so Gelegenheits- oder Neuleser gewinnen. Darüber sollte sich der Verlag echt mal Gedanken machen.