Bei der Herfahrt hatten wir gesehen, dass es in Travemünde eine Sandskulpturenausstellung gibt. Am Dienstagvormittag beschlossen wir sie zu besuchen. Verglichen mit dem Sandskulpturen-Festival in der Algarve ist die Ausstellung in Travemünde nicht so umfangreich. Von der Detaillierung sind die Skulpturen aber gleichsam beeindruckend. Interessanterweise gibt es hier wenig Figuren aus Comic und Film, sondern fast nur von Persönlichkeiten der Geschichte oder aus Sagen und Märchen. Wir waren in kurzer Zeit durch.
Direkt neben der Halle mit den Sandskulpturen gibt es eine Halle voller Bücher. Hier kann man Mängelexemplare und Restposten aus allen Genres erstehen. Der Anblick ist überwältigend. Da musste ich einfach rein. Ich sagte zu meinem Mann: »Wenn ich hier wieder rausgehe, ohne ein Buch gekauft zu haben, solltest du mir einen Orden verleihen.« Ich streifte durch die Tischreihen, betrachtete die Titel und staunte, über was alles so geschrieben wurde. Es gab sogar ein paar PERRY RHODAN-Taschenbücher aus den vergangenen Jahren. Letztendlich sind wir aber beide nicht schwach geworden und haben kein einziges Buch gekauft, auch wenn ich ein paar Mal in Versuchung geriet.
Auf dem Rückweg zum Hotel kauften wir noch etwas Wasser und ich holte mir am Hafen ein Fischbrötchen. Wenn ich schon mal an der Küste bin. Dann machten wir es uns im Hotelzimmer gemütlich.
Am Nachmittag fuhren wir nach Lübeck. Wir wollten beim Niederegger Kaffee trinken und anschließend eine Bootsfahrt rund um Lübeck machen, bevor wir uns am Abend mit einem Bekannten trafen. Das mit dem Kaffee hat geklappt, das mit der Bootsfahrt nicht, weil die Bootstour-Betreiber im September nur von Mittwoch bis Sonntag fährt. Dafür war es ungewöhnlich heiß. Das Auto meldete 29 Grad. Die Hitze staute sich in den Straßen der Hansestadt und mir rann der Schweiß in Strömen den Rücken hinab. Beim Niederegger, einem berühmten Caféhaus mit Marzipanproduktion, war es angenehm kühl. Ich bestellte ein Stück Nuss-Sahne-Torte mit Marzipandecke. Entgegen aller Erwartungen, war die nicht zu süß und schmeckte ganz hervorragend. Wir blieben noch ein wenig länger sitzen, weil es so angenehm kühl war und wir noch reichlich Zeit hatten.
Im Anschluss spazierten wir eine große Runde durch die Lübecker Altstadt, die fast vollständig erhalten ist. Später erfuhren wir, dass die Stadt nur einmal im II. Weltkrieg bombardiert worden ist und anschließend als Lazarett-Stadt unter Schutz stand. Es gibt sehr viele alte Gebäude zu bewundern, die meisten sind sehr schmal und aus Klinkern gebaut, typisch hanseatisch eben. In manchen Gassen wachsen Blumen vor den Häusern oder im Rinnstein. Bei einigen hatte man Schilder angebracht, dass die Pflanzen nicht rausgerissen werden dürfen. Lübeck hat sieben Kirchen, von denen wir mindestens sechs gesehen haben. Zwischenzeitlich zog sich der Himmel zu und es wurde richtig schwül.
Am sogenannten Malerwinkel setzten wir uns auf eine Bank direkt an die Trave, die übrigens den kompletten Stadtkern umfließt. Lübeck ist quasi auf einer Insel erbaut, die in der Mitte mit Sand aufgeschüttet worden ist. Deswegen geht es zum Stadtkern leicht bergauf. Der Sand hat aber hin und wieder dafür gesorgt, dass die Häuser abgesackt sind. Viele der Häuser, Türme und Tore stehen ein bisschen schief, so auch das berühmte Holsten Tor, das im Mittelalter eigentlich nur ein Innentor war. Davor gab es noch einen Wall und ein weiteres Tor. Durch diese Kombination von Wall, Wasser und Toren, war Lübeck im Mittelalter quasi wie eine Festung, die nie eingenommen wurde. Nur Napoleon hat man sich freiwillig ergeben.
Am Holsten Tor hatten wir uns mit Thomas verabredet. Er wohnt in Lübeck und zeigte uns ein paar Besonderheiten der Stadt. Zum Beispiel die vielen kleinen Durchgänge, die durch die Häuserzeilen führen und die mindestens so breit sein müssen wie ein Sarg. Hinter mancher Häuserzeile verbergen sich weitere Häuser und wunderschöne Innenhöfe. Alles nicht sehr groß aber sehr idyllisch. Zum Abschluss gingen wir in die Mühle zum Abendessen, wo es Pasta und leckeren Flammkuchen gab. Als wir am Abend wieder zurückfuhren, fing es an zu regnen. Über dem Meer blitzte es sogar. In Travemünde war aber alles trocken.
Im Hotel musste ich dann die Füße hochlegen, da ich kaum noch gehen konnte. Ein Blick auf mein Smartphone offenbarte, dass ich einen neuen Rekord aufgestellt hatte mit knapp 22.000 Schritten am Tag. Nicht schlecht.