Drama um eine Karikatur

Es folgt ein Text, der eigentlich in der FanSzene 31 in PR 3121 erscheinen sollte, aber aus bestimmten Gründen (über die ich mich nicht äußere) gegen eine andere Besprechung eingetauscht wurde.

Großen Wirbel verursachte die Ausgabe 82 der »phantastisch!« beziehungsweise eine im Heft abgedruckte Karikatur, die von vielen Beobachtern in den Sozialen Medien und in diversen Foren als rassistisch wahrgenommen wurde. Auf so viel Aufmerksamkeit hätte Chefredakteur Klaus Bollhöfener gern verzichtet. Denn so wurde das Heft von den meisten auf diese einzige Seite reduziert und der weitere Inhalt ignoriert. Es wurde sogar mit Boykott gedroht und Konsequenzen für Verlag und Chefredaktion gefordert.
Dabei hat das Heft sehr viel Schönes zu bieten. Zum Beispiel ein Portrait des Zeichners Carlos Giménez oder der sehr aufschlussreiche Beitrag über die Ergebnisse einer neuen Untersuchung von »Nick der Weltraumfahrer«. Letzteres Thema begegnet mir in letzter Zeit häufig in diversen Fanzines. Es scheint in der Szene offenbar viele Leute zu beschäftigten.
Highlight neben den beiden Storys ist aber der Artikel von Michael Tinnefeld über die »Phantastische Psyche«. Dieses Mal geht es um das Sammeln und wo hierbei die Leidenschaft aufhört und es anfängt, krankhaft zu werden.
Klaus Bollhöfener hat inzwischen auf der Internetseite der »phantastisch!« eine Erklärung abgeben und in der E-Book-Fassung wurde das umstrittene Bild entfernt.
Ob mit oder ohne Karikatur, die »phantastisch!« ist ein lesenswertes Magazin und wird es hoffentlich noch lange bleiben.

Angesichts des Aufruhrs, den das nicht wirklich witzige Bildchen eines Kannibalen ausgelöst hat und das meines Erachtens die Aufregung überhaupt nicht wert ist, stelle ich mir die Frage, ob wir das Maß verloren haben. Können wir zwischen Humor und Ernst nicht mehr unterscheiden? Haben wir verlernt, Ironie und Witz als solche zu erkennen? Beschneiden wir uns selbst, in unserem Wahn jeden Menschen retten zu wollen, ob er will oder nicht? Früher war eine Karikatur eine Karikatur und ein Witz war ein Witz. Jeder Erwachsene wusste, was gemeint war und wie man damit umging. Wenn ich bedenke, wie viele Blondinenwitze ich in meinem Leben schon anhören musste oder wie viele schlechte Witze über Ostdeutsche … ohne das es mich geärgert oder mir persönlich geschadet hat. Wenn ich jedes Mal so einen Zirkus gemacht hätte …

Klar, sollte man bei Themen wie Rassismus sensibel sein, aber Bitteschön, irgendwo muss eine Grenze gezogen werden. Ich kann verstehen, wenn Menschen die tatsächlich betroffen sind, sich darüber aufregen, wenn ein Afrikaner o. ä. stereotyp dargestellt wird. Das ist ihr gutes Recht und das können und müssen sie auch äußern dürfen. Sie sollten es aber nicht als Auftakt zu einem Feldzug missbrauchen und über die Herausgeber herziehen und ihnen böse Absichten unterstellen. Vor allem nicht, wenn sich Derjenige, den es betrifft, nicht wehren kann, weil er nicht in den Sozialen Medien unterwegs ist und davon zunächst gar nichts mitbekommt. Früher hat man in solch einem Fall einen Brief an die Redaktion geschrieben. Heute organisiert man gleich einen Shitstorm, unterstützt von Leuten, die weder die Macher kennen, noch je einen Blick in die Zeitschrift geworfen haben. Personen die den Feldzug gegen den angeblichen Rassismus nutzen, um sich selbst in ein besseres Licht zu stellen, anstatt wirklich etwas handfestes gegen Rassismus zu tun. Nämlich die Vorurteile gegenüber Menschen anderer Hautfarbe abzubauen, in dem man mit jenen redet, die Menschen mit Migrationshintergrund ablehnen oder sich von ihnen bedroht fühlen. Es ist tausendmal besser sich im richtigen Leben gegen eine Benachteiligung solcher Menschen einzusetzen. In dem man ihnen zum Beispiel zu einer Wohnung verhilft, oder zu einem Fahrrad, damit sie die weiten Strecken auf dem Land nicht zu Fuß zurücklegen müssen. Ich helfe Menschen, wenn sie Hilfe brauchen und mir ist es egal welche Hautfarbe sie haben oder ob sie aus Albanien, Afghanistan oder Nigeria kommen. Aber es ist natürlich einfacher, im Internet die Fehler anderer ans Licht zu zerren und sie zu denunzieren, weil man sich dabei nicht selbst die Finger schmutzig machen muss.

Heute und besonders durch die Pandemie sind wir zu einer spaßbefreiten Gesellschaft geworden, in der die Angst jegliche Freude und Humor aufgefressen hat. In der niemand dem anderen das Glücklichsein gönnt. In der man seine Gedanken nicht mehr frei äußern darf, weil sich irgendjemand vielleicht davon verletzt fühlen könnte. Wir nehmen uns selbst die Freude am Leben und verbreiten lieber Hass. Wir sind wirklich zu bedauern.

Zurück zur »phantastisch! 82« und den Grenzen zwischen Humor und Beleidigung: Wenn die Karikatur rassistisch ist, dann ist das Titelbild frauenfeindlich. Denn da wird ein weiblicher Roboter stereotyp abgebildet. Der »Mann« fährt und die »Frau« sitzt hinten. Ich hätte besser gefunden, wenn der weibliche Roboter gefahren wäre und ihr Partner sich den Hut hätte festhalten müssen, weil sie zu rasant fährt. Dann wäre das Bild nicht nur ein Bild gewesen, sondern es hätte eine Geschichte erzählt. Aber ich bin als Frau viel zu selbstbewusst, als das ich das Bild als beleidigend ansehen würde.

Die Kommentare sind ausgeschaltet, denn ich brauche keinen weiteren Shitstorm.