Unmelodischer Untergang

Quelle: Perrypedia
Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO 132 – »Melodie des Untergangs« von Susan Schwartz

Ich bin mir nicht sicher, was ich von dem Roman halten soll. Einerseits ist er stellenweise spannend geschrieben, andererseits gibt es zu viele Dinge, die mich stören. Die ganze Geschichte wirkt auf mich wie Stückwerk, dass mehr schlecht als recht zusammengesetzt wurde.

Da ist zum einen der Prolog in Sankt Petersburg, bei dem die Klischees regelrecht von den Seiten tropfen. Das liest sich nicht nur sehr seltsam für einen NEO, sondern ich ärgerte mich über die stereotype Beschreibung des russischen Sohns und seines alten Mütterchens. Die Autorin versucht hier die russische Seele abzubilden, ohne sie verstanden zu haben. Vergleichbar, wie wenn man alle Deutschen Biertrinkend und in Lederhosen beschreiben würde. Das klingt bemüht, belehrend und alles andere als glaubwürdig.

Ich hoffe auch nicht, dass die Terranische Union ihre Mitglieder einfach machen lässt, ohne nachzuprüfen, ob sie die Gesetze der Union auch einhalten. Denn das hieße, dass die Union die Bürgerrechte nicht schützt. Das mag vielleicht für die jetzige EU gelten, aber nicht für eine Terranische Union unter Perry Rhodan. Reden wir auch nicht davon, dass ein russischer Präsident so skrupellos ist und atomare Sprengköpfe in geringer Höhe über einer Großstadt zu zünden. Zum Glück haben die Sitarahk Schirme an denen die Wirkung verpufft. Wahrscheinlich werden die Bomben vor der Explosion desintegriert. An dieser Stelle hätte ich mir eine präzisere Beschreibung des Vorgangs gewünscht. Denn wären die Bomben explodiert, hätte dort kein Stein mehr auf dem anderen gestanden.

Überhaupt, die Sitarakh sind jetzt also so eine Art Heuschrecken, die über das Sonnensystem herfallen und es ausbeuten. Das ist eine enttäuschend eindimensionale Beschreibung. Da frage ich mich, wieso sie dann die Menschen nicht sofort in einem einzigen Vernichtungsschlag beseitigt haben. Wenn es ihnen nur um Ressourcen geht, dann agieren sie viel zu zurückhaltend. Aber vielleicht gehören ja die Menschen für sie auch zu so einer Art Ressource. Das scheint sich zumindest abzuzeichnen. Der Auftritt der Bestie Masmer Tronkh war für mich am Ende etwas irritierend, macht aber neugierig.

Ich bin immer noch nicht glücklich mit dem Besatzungsszenario. Da ich zeitnah die NEO-Staffel »Kampfzone Erde« gelesen habe, stolpere ich allerorten über Parallelen. Die Reaktionen der Menschen mögen vielleicht besser beschrieben sein, als Frank Borsch das tat, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es hier darum geht, auf Teufel komm raus Spannung zu erzeugen und dem ehemaligen Exposéautor zu zeigen: Schau mal her, so macht man das! Ich kann mich täuschen und hoffentlich tue ich das auch, aber ein fauler Beigeschmack bleibt.

Die Stirn gerunzelt habe ich über die Vizeadministratorin, die einfach mal ihre Stellvertreterin dazu verdonnert, die Stellung zu halten, damit sie mit Julian Tifflor in den Untergrund gehen kann. Somit ist sie nicht besser als Administrator Ngata, der sein Heil in der Flucht auf die LESLIE POUNDER suchte und nun dem Protektor und der Crew auf der Nase herumtanzt. Ich verstehe auch Rhodan nicht so ganz, wie er angesichts der unbekannten Bedrohung, die die Sitarakh darstellen, der Erde einfach so den Rücken kehrt. Die Diskussion und Abstimmung darüber wurde ohne hinreichende Informationen über die Situation im SOL-System geführt. Ich an seiner Stelle hätte mich zunächst rückversichert, bevor ich in den Kugelsternhaufen M15 aufgebrochen wäre. So könnte es leicht passieren, dass von Terra und dem SOL-Sytem nicht mehr viel übrig ist, wenn er irgendwann mit einer Befreiungsflotte zurückkehrt.

Bei der Flucht von Tifflor und den Mutanten spielen wieder zu viele Zufälle mit und die Information, dass die Bevölkerung inklusive Cheng Chen Li an Schlafmangel leiden, wird so oft unterschwellig angebracht, dass es mich irgendwann nervte.
Das gleiche gilt für Tuire Sitareh und Ishy Matsus Flucht vom Mond. Auch hier sind zu viele glückliche Zufälle im Spiel. Und eigentlich weiß man ja, dass sich unser »Wunderkind« Sitareh irgendwie da wieder heraus mogelt. In solchen Fällen kann man nur über das Innenleben der Figuren Spannung erzeugen. Ishy und Tuire bieten hierfür genügend Potential, das von der Autorin leider nicht genutzt wurde.

Über die vielen logischen und vor allem die Physik verspottenden Fehler – Druckwelle im Weltraum (da gibt es höchstens Strahlungsdruck oder herumfliegende Trümmer) habe ich großzügig hinweggelesen.

Einigermaßen interessant finde ich die Handlung um die Liduuri und Achantur. Die Idee mit der Hyperraumblase ist reizvoll, auch wenn es mich ein wenig an das blaue System der Akonen erinnert. Das Avandrina di Cardelah am Ende noch ins Koma fällt und den Menschen nicht helfen kann, ist ein wenig »plotdriven«, wie man so schön sagt. Dafür werden wir Eric Leyden in Aktion sehen und das entschädigt mich für den unglücklichen Kunstgriff.

»Melodie des Untergangs« hat mich nicht überzeugt, weil hier nichts wirklich zusammenpasst. Als Leser sehe ich Teile eines Mosaiks, ohne ein Bild erahnen zu können. Die Handlung ist mir an vielen Stellen zu oberflächlich und teilweise auch zu auktorial. Ich erfahre nur wenig über das Gefühlsleben der Protagonisten. Man kann Susan Schwartz zugutehalten, dass die Vielzahl der Charaktere eine tiefergehende Schilderung unmöglich machte. Dennoch habe ich schon bessere Romane von ihr gelesen.

Verwirrung um Lidl-Ticket

Hm! Das war auch schon mal einfacher.

Ich habe mir ein Lidl-Ticket der Deutschen Bahn gekauft, weil ich damit eigentlich immer recht einfach und günstig unterwegs war. In diesem Jahr ist das Prozedere allerdings mehr als aufwendig. Da muss man den Kassenbeleg zur Fahrkarte packen und mit allerlei Codes sich erst einmal durch die Seiten von Lidl und Deutscher Bahn klicken, bis man das Ticket dann online endlich buchen kann. Früher gab es dafür einen Heft, das die Tickets enthielt und man musste nur noch Datum und Ziel eingeben. Aber nun ja, man ist ja willig, wenn es darum geht Fahrgeld zu sparen.

Der Witz, ich konnte heute Morgen nicht mit dem MERDIAN fahren, weil ich sonst fünf Euro extra hätte zahlen müssen. Die Beförderung in Nahverkehrszügen ist in dem Ticket nämlich nicht enthalten. Bei mir macht das nichts, weil zehn Minuten später der EC fährt. Aber ich finde das schon mehr als seltsam. Da kauft man ein Ticket für zwei einfache Fahrten ohne Zugpreisbindung und dann darf man damit nicht mit Regionalzügen fahren. Wie viele Bahnhöfe gibt es in Deutschland, die keinen Fernverkehrshalt haben? Wenn ich zum Beispiel nicht bis Traunstein, sondern bis nach Waging fahren wollte, müsste ich fünf Euro mehr zahlen (obwohl das Einzelticket für die kurze Strecke nur dreiachtzig kostet). Hin und zurück wären es sogar zehn Euro mehr.

Das ist zwar nicht gerade Abzocke, aber ein gutes Gefühl hat man nicht, wenn man in den Zug steigt. Was passiert denn, wenn der Fernverkehrszug ausfällt? Muss man dann ein neues Ticket kaufen?

Eines muss man den Marketingleuten bei der Deutschen Bahn lassen, sie schaffen es immer wieder etwas Einfaches zu verkomplizieren.

Urlaubserinnerungen an 2015

fb_madeiraEndlich habe ich es geschafft, unseren Madeira-Urlaub in einem Fotobuch zu verewigen. Das war schon sehr lange überfällig. Da so ein Fotobuch ziemlich zeitintensiv ist, und ich in den vergangenen Monaten rund um die Uhr mit Schreiben beschäftigt war, ist der 130-seitige Bildband erst jetzt fertig geworden.

Im Gegensatz zu früheren Fotobüchern stand ich vor einer besonderen Herausforderung, es war der erste Urlaub, den ich im Blog dokumentiert hatte. Dabei war entsprechend viel Text zusammengekommen, den ich ins Fotobuch integrieren wollte, was anfangs in elenden Textwüsten ausartete. Am Ende habe ich dann nicht nur einige schöne Fotos untergebracht, die wir gemacht haben, sondern auch den Text in lesbare Stücke zerlegt und in ein ansprechendes Layout gepackt.

Wer möchte, kann sich davon hier überzeugen. Und wer noch nie auf Madeira war, bekommt einen kleinen Ausblick auf die vielfältigen Landschaften, die diese Insel prägen.

Bildgewaltiger Doktor

Quelle: Kino.de

Ich bin nicht Comicaffin und habe auch mit den Marvel- und DC-Superhelden nicht so viel am Hut. Ehrlichgesagt habe ich kaum einen der Filme gesehen, die in den letzten Jahren im Kino liefen. An »Doctor Strange« reizte mich nicht nur die überwältigende Optik des Trailers, sondern vor allem der Hauptdarsteller. Benedict Cumberbatch ist eine Klasse für sich und genau aus diesem Grund macht er auch den Film zu etwas besonderem. Aber auch Tilda Swinton verleiht der Geschichte mit ihrem unnahbaren Charme Tiefe.

Die erste Viertelstunde brilliert Cumberbatch als gebrochener Egomane. Hier hat man als Zuschauer mehr das Gefühl einem Drama zu folgen als einer Comicverfilmung. Das wandelt sich, als er das Kloster in Nepal betritt. Ab hier verändert sich der Film hin zum Phantastischen.

Trotz der vielen Actionszenen verkommt der Streifen nicht zu einem der üblichen Hau-Drauf-Filme, sondern vermittelt mitunter tiefsinnige Botschaften. Wenn man die Logik außenvor lässt, ist die Geschichte um das Multiversum mit unendlich vielen Parallelwelten, durchaus interessant. Wobei mich das mit der dunklen Seite ziemlich sehr an Star Wars erinnerte. Gut finde ich die dezent eingestreuten witzigen Szenen, die die Handlung auflockern, damit sie nicht allzu erdrückend daherkommt.

Am beeindruckendsten sind jedoch die Effekte, die an eine gelungene Mischung aus »Matrix« und »Inception« erinnern. Vielleicht sollte man deshalb den Film auf der Kinoleinwand und in 3D sehen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Bilder auch am heimischen TV noch so bombastisch aussehen.

Eine Szene nach dem Abspann verrät, dass wir »Doctor Strange« nicht zu letzten Mal gesehen haben.

Eine Anmerkung muss ich noch loswerden. Die betrifft weniger den Film, als eher die Rolle von Benedict Cumberbatch. Leider wird er nach dem Erfolg von Sherlock auch in »Doctor Strange« in das gleiche stereotype Muster gepresst. Er scheint prädestiniert für die Rolle als egoistisches Arschloch, ob in »The Imitation Game« oder als Khan bei »Star Trek-Into Darkness«. Das finde ich ein bisschen Schade, denn der Schauspieler kann einiges mehr (siehe »Hawking« von 2004).

Neben der Ideallinie

In den vergangenen zwei Jahrzehnten folgte ich der Formel Eins meist mit großer Begeisterung. Ich verpasste selten ein Rennen, auch wenn ich hin und wieder kurz nach dem Start auf der Couch einschlief und erst gegen Ende oder bei einem Unfall wieder aufwachte. Ich bin kein großer Autofan, aber mir machte es Spaß, den Fahrern die Daumen zu drücken und zuzuschauen wie sie um die verschiedensten Rennstrecken kurvten.

In diesem Jahr ist das anders. Ich habe manches Rennen verpasst. Und wenn ich geschaut habe, dann habe ich mich nur maßlos darüber aufgeregt, wie die aufgestellten Regeln wieder und wieder gebogen oder gebrochen wurden. Wie manche Fahrer anscheinend einen Freifahrschein haben und auf der Rennstrecke tun und lassen können, was sie wollen. Während andere darunter leiden und manchmal sogar in Gefahr geraten.

Das gestrige Rennen hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Wenn es schon soweit ist, das Rennen an Schreibtischen entschieden werden und nicht auf der Strecke, und das manche Fahrer bevorteilt werden, weil sie vielleicht mehr Schmiergeld an Bernie Ecclestone überweisen als andere, dann sollte man gänzlich damit aufhören. Dann ist das Politik und nicht Sport. Ein großes Geschäft war es ja schon immer, aber so offensichtlich wie in diesem Jahr, war diese Tatsache noch nie.

Ich wünschte die Fahrer und Teams hätten den Mut einfach zu streiken und sagen, wir fahren erst wieder, wenn Gleichberechtigung herrscht. Denn so wie es jetzt ist, gewinnt nicht der beste Fahrer, sondern derjenige, der sich beim großen Boss (der er ja eigentlich nicht mehr ist, seit die F1 verkauft wurde) lieb Kind macht. Ich finde das verachtenswert und habe für mich die Entscheidung getroffen, dieses Machenschaften nicht mehr zu unterstützen, indem ich nicht mehr einschalte. Denn wenn keiner mehr guckt, dann versinkt die F1 in Zukunft wieder dort, wo sie in den Achtzigern schon mal war, in der Versenkung. Für die Umwelt wäre es ohnehin besser.

Zines

Den Begriff Fanzine las ich zum ersten Mal in einer Anzeige des STCE (Star Trek Central Europe), in der der Club Werbung für sein Fanzine »Trekworld« machte. Das war Anfang der neunziger Jahre. Selbst zu diesem Zeitpunkt gab es Fanzines schon ewig. Ich hatte nur noch nichts davon gehört. Später arbeitete ich selbst an einem Fanzine mit, der »Starbase« dem Clubmagazin des ST-Forum.

Ein Fanzine ist eine von Fans erstellte, meist im A5-Format vervielfältigte, Zeitung. Ich kannte Fanszines nur aus dem SF- und Fantasygenre. Das es sie auch in anderen Bereichen gab/gibt, erfuhr ich erst vor ein paar Jahren. Damals hörte ich auch zum ersten Mal den Begriff Egozine.

Ein Egozine ist nichts anderes, als der Vorgänger eines Blogs. Es wird von einer Person gemacht und richtet sich an dessen Freunde und interessierte Leser. In dem Zine pflegt der Hersteller sein Ego in dem er Reiseberichte, kurze Geschichten, Rezensionen oder allerlei andere Sachen veröffentlicht. Nichts anderes, als was wir Blogger täglich tun, nur viel viel mühevoller, weil so ein kleines Heft zu layouten, selbst heute noch viel Arbeit macht. Wie schwer das vor zwanzig Jahren gewesen sein muss, wage ich mir heute gar nicht mehr vorzustellen.

Wenn ich mir überlege, ich wäre schon vor zwanzig Jahren darauf gestoßen, hätte mir so ein Egozine, glaube ich, auch viel Spaß gemacht. Aber da es mit meinem Ego nie so weit her war, hätte ich mir das wahrscheinlich gar nicht getraut. Schade eigentlich!

Endlich wieder Geheimprojekt

Da ich gerade im Punk-Modus bin … ja, ja die Lektüre diverser Fanzines hinterlässt Spuren … stelle ich mal wieder einen Auszug aus meinem Geheimprojekt hier herein. Dem Roman möchte ich in den nächsten Monaten meine volle Aufmerksamkeit schenken … Habe ich mir jedenfalls vorgenommen.

»Jens!«, flötet eine Frauenstimme aus dem Pausenzimmer.
Ich bleibe stehen und stecke den Kopf zur Tür hinein.
An dem Vierertisch in der Mitte des kleinen Raumes sitzt Erna, vor sich eine Tasse Kaffee und einen Teller mit selbstgebackenem Kuchen. Vorm offenen Fenster steht Frau Schäfer und raucht. Sie winkt mich herein. »Komm rein mein Kleiner! Du hast dir einen Kaffee verdient.« Sie legt die halb aufgerauchte Zigarette in einen weißen Porzellan-Aschenbecher, nimmt eine Tasse aus dem Küchenschrank links neben der Tür und schenkt mir den letzten Kaffee aus der Glaskanne der Kaffeemaschine ein.
»Hier iss ein Stück Kuchen! Du bist ja ganz abgemagert.« Erna hält mir den Kuchenteller hin.
Ich greife mir ein Stück Mohnkuchen, während mir Frau Schäfer verschwörerisch die Kaffeetasse in die Hand drückt.
»Wir werden dich schon aufpäppeln, nicht wahr Erna!« Die Chefin der Litho verzieht die rot geschminkten Lippen zu einem Lachen. Die Frau um die Fünfzig wirkt jung, was nicht zuletzt an ihrem tiefschwarzen Haar und den ebenso schwarzen Augenbrauen liegt. Ihre dunklen Augen glänzen wie Kohle im gebräunten Gesicht.
»S’nächst Mal ziehst aber a anständige Huas an, Jung.« Erna zupft an meiner schwarzen Jeans, die am Oberschenkel einige aufgerissene Stellen hat. »Bring mer de Huas einfach vorbei, ich näh dir en Flicken druff«, schlägt sie vor und streicht dabei über meinen Oberschenkel. Das sie Mundart spricht, scheint sie nicht wahrzunehmen.
»Das trägt man aber heute so«, versuche ich ihr zu erklären.
»Erna, das verstehst du nicht. Der Junge braucht Luft da unten«, sagt Frau Schäfer zweideutig.
Die Empfangschefin sieht empört zu ihr auf, während ihre Hand weiterhin auf meinem Oberschenkel verharrt. »Aber, Renate!«
Renate Schäfer saugt lasziv an ihrer Zigarette und richtet sich schmunzelnd an mich. »Hat dich der Chef wieder ungespitzt in den Boden gerammt, was?«
Ich zucke mit den Schultern. »Letzte Chance!«
»Manchmal ist er ein richtiges Ekelpaket.«
»Renate!«, ermahnt Erna wiederholt.
»Der ist doch nur neidisch, auf unseren Kleinen, weil er so gut und knackig aussieht.« Dabei lächelt sie mich verführerisch an.
Ich werde rot. Scheiße, das hat mir noch gefehlt; zwei alte Schachteln, die scharf auf mich sind.
»Herr Steinhövel?«, fragt plötzlich ein Stimmchen hinter mir.
Ich drehe mich langsam um, froh darüber dem peinlichen Moment zu entkommen.
Erna zupft mir immer noch an der Hose herum, jetzt hat sie die aufgeschlitzte Stelle unterhalb meines Hinterns entdeckt. »Naa! Naa, des geht so nich«, murmelt sie vor sich hin.
Ich wage es nicht, mich zu bewegen.
Vor mir steht die neue Grafikerin, an deren Namen ich mich beim besten Willen nicht erinnern kann. Erst jetzt erkenne ich, wie klein sie ist. Etwa eins sechzig groß, reicht sie mir gerade bis zur Schulter. Aus großen olivfarbenen Augen im Sommersprossigen Gesicht sieht sie zu mir auf.
»Ja?«, frage ich und versuche meine Stimme nicht ablehnend klingen zu lassen.
»Hier!« Mit der linken Hand streicht sie sich eine Locke des feuerroten Haars aus dem Gesicht, während sie mir mit der Rechten zögernd eine Floppydisk reicht. »Die Datei mit dem Rohlayout! Das können Sie sicher gebrauchen«, erklärt sie und kaut verlegen auf ihrer Unterlippe.
Jetzt bin ich perplex. »Danke!«, sage ich und stopfe mir das Stück Mohnkuchen in den Mund, um die Hand für die Floppydisk freizubekommen.
Sie schlägt die Augen nieder und ich bin froh, dass ich den Kuchen im Mund habe, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll.
»Da siehste mal, Jens! Du hast jede Menge Verehrerinnen in der Agentur«, sagt Frau Schäfer laut.
Die Situation ist mir inzwischen mehr als unangenehm. Ich würge hastig den Kuchen hinunter und spüle mit einem Schluck Kaffee nach. »Der Kuchen ist lecker« ist das Unverfänglichste, was mir im Moment einfällt. Eigentlich will ich hier nur noch raus. Zum Glück hat Erna inzwischen von meiner Hose abgelassen, auch wenn ihr Blick weiterhin prüfend über mein Outfit wandert. Frau Schäfer dagegen flirtet mich hemmungslos an und auch die junge Grafikerin in meinem Rücken scheint offensichtliches Interesse an mir zu haben. Ich glaube zu spüren, wie mich ihre Blicke von hinten durchbohren.
»Ähm, ich glaub, ich muss jetzt …«, sage ich und trinke die Tasse in einem Zug leer, bevor ich sie auf den Tisch stelle.
»Ja, ja. Texte du nur schön, damit du am Montag pünktlich abgeben kannst.« Frau Schäfer drückt ihre Zigarette aus und kommt auf mich zu. Sie gibt mir einen freundschaftlichen Klaps auf den Hintern. »Wir wollen doch alle, dass du weiter für uns arbeitest.«
Ich schlucke und bringe ein gepresstes Lächeln zu Stande. »Also, dann bis Montag!« Ich hebe grüßend die Hand und verlasse fluchtartig den Pausenraum und die Agentur.

Ein Leben für den Punkrock

Quelle: Hirnkost
Quelle: Hirnkost

Wie schreibt man die Rezension zu einem Buch, bei dem man den Autor einigermaßen gut kennt?

Diese Frage stelle ich mir seit gut zwei Wochen. Solange habe ich nämlich »Für immer Punk« von Klaus N. Frick bereits durchgelesen. Und genauso lange liegt es jetzt schon auf meinem Schreibtisch. Ich gebe zu, dass es mir in diesem Fall schwerfällt objektiv darüber zu urteilen. Ich habe zwar keine Ahnung, wie ich unbeeinflusst darüber schreiben soll, aber ich versuche es trotzdem. Nach der netten Widmung, die der Autor mir dieser Tage noch im Buch hinterlassen hat, kriege ich’s wahrscheinlich am Ende doch nicht auf die Reihe, in dem Fall mag man mir verzeihen.

In 29 Kurzgeschichten erzählt Klaus N. Frick aus seinem Leben, mehr oder weniger jedenfalls. Wie er schon im Vorwort sagt, hat er den Wahrheitsgehalt der Geschichten verzerrt oder verändert, um sie für den Leser spannender und interessanter aufzubereiten. Das Besondere an den Erzählungen ist, dass sie in chronologischer Abfolge abgedruckt sind. Somit bekommt der Leser ein Gesamtbild über die Entwicklung eines Menschen, der sich nie in eine Ecke hat stellen lassen, oder gar in eine Schublade pressen. Konformität ist ihm genauso verhasst, wie Menschen ohne politische Meinung. Das zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Manche Geschichten sind witzig, andere skurril und eklig, und bei manchen guckt man einfach nur staunend aus der Wäsche und reibt sich die Augen. Eines ist allen gemeinsam: sie sind spannend und einfach schön geschrieben. Am Ende ist man wieder um einiges schlauer.

Ich werde nicht auf jede Geschichte eingehen, sondern nur die herauspicken, die bei mir besonders hängengeblieben sind. Viele Geschichten habe ich mehrfach gelesen, einfach weil sie interessant oder ungewöhnlich waren.

Bei der Einstiegsgeschichte »Mein erster Kuss hieß Monika« hatte ich ein Déjà-vu. Vor Monaten besprach ich an dieser Stelle das Buch »Meine total verrückte Welt« von Mike Schmitzer, dem Redaktionsleiter des Chiemgau Wochenblatts. Er schrieb in einer seiner Geschichten ebenfalls über seinen ersten Kuss. Jetzt fielen mir die vielen Parallelen auf, die die zwei Geschichten miteinander verbinden. Beide handeln Mitte der Siebziger, es spielt ebenfalls eine Cousine eine Rolle und es geht um Flaschendrehen, nur dass Klaus von Mutter und Tante erwischt wird und das Ganze somit weniger glücklich endet. Irgendwie scheint Flaschendrehen in den Achtzigern aus der Mode gekommen zu sein, denn ich kann mich nicht erinnern, das mal gespielt zu haben.

In »An der Croisette« entführt uns der Autor nach Südfrankreich. Ich fühlte mich dabei an seinen Peter Pank-Roman »Chaos en France« erinnert. Das Lebensgefühl, die Stimmung und das eklige Ende, da passt alles zusammen. Das ist Punk!

Bei der nächsten Geschichte bin ich mir fast sicher, dass sie exakt so passiert ist. So etwas Groteskes kann sich niemand ausdenken. Sie trägt den Titel »Bei Bernhard zu Hause« und es geht um einen Menschen mit einer ganz besonderen Zwangsstörung. Als ich die Geschichte gelesen habe, war ich viel zu fasziniert, um mich zu ekeln. Das kam erst hinterher.

»Eine Reise ins Mutschelland« ist eine der längeren Erzählungen im Buch. Hier geht es um ein Konzert in einem Möbelhaus. Klaus ist der Fahrer, der das Equipment von Karlsruhe nach Ulm chauffieren muss und dabei so einigen merkwürdigen Leuten begegnet. Hier zeigt sich, dass der Autor über eine sehr gute Beobachtungsgabe verfügt und Menschen zu charakterisieren weiß.

Es folgen ein paar Geschichten aus den Neunziger Jahren. Diese haben in fast allen Fällen einen politischen Hintergrund. Was darauf schließen lässt, dass der Autor in dieser Zeit politisch sehr engagiert war. Das ist der Teil des Buches, an dem es ein wenig zäh wurde. Ich hätte mir dazwischen gern auch mal eine unpolitische Geschichte gewünscht.

Geradezu geflasht war ich von der Geschichte »Stuttgart bei Nacht«. Darin werden Klaus und seine Freunde verhaftet, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Das ist sehr spannend erzählt und hat mir mal wieder die Augen über unsere »Freunde und Helfer« bei der Polizei geöffnet.

Die letzten Kurzgeschichten stammen aus den 2000ern. Hier lässt sich sehr schön der Wandel vom aggressiven Punk zum … gemäßigteren und gereiften Menschen ablesen. Man spürt, wie ein bisschen der Biss verloren gegangen ist, jedoch ohne das sich das negativ auf die Geschichten auswirkt. Sie sind genauso interessant, nur hat sich der Grundton geändert. Es klingt manchmal fast schon nostalgisch & melancholisch.

Überraschenderweise gibt es nur eine einzige Geschichte mit sexuellem Inhalt. Darüber sag ich jetzt nichts. Dafür wird in den meisten viel Bier getrunken und ab & an auch eine geraucht, um auch dem Ausspruch »Sex, Drogen und Alkohol« Rechnung zu tragen, als Bedingung für ein Buch über Punk.

Jeder, der sich für ungewöhnliche Geschichten interessiert, der wissen will, was einen Punk umtreibt, und der ein bisschen in die Geschichte der deutschen Punkszene hineinschnuppern will, dem sei das Buch wärmstens empfohlen. Es lohnt sich.

Erschienen ist »Für immer Punk« von Klaus N. Frick als Hardcover bei Hirnkost (ehemals Archiv der Jugendkulturen). Das Buch kann dort und in allen Buchhandlungen sowie beim Onlinehändler eures Vertrauens bestellt werden. Selbstverständlich ist die Kurzgeschichtensammlung auch als E-Book erhältlich.

Allerlei Baustellen

Irgendwann hatte ich mal erwähnt, dass der Sockel des Hauses, in dem wir wohnen, schlecht bis gar nicht isoliert ist und wir daher mit feuchter Raumluft und feuchten Wänden kämpfen. Nun wurde im vergangenen Jahr von der Eigentümergemeinschaft beschlossen, dass der Sockel aufgerissen und isoliert wird.

Den ganzen Sommer haben wir darauf gewartet, dass es losgeht. Im September wurde das Geld eingezogen, das wir und die anderen fünf Parteien im Haus dafür zahlen müssen. Vorige Woche Mittwoch früh um sieben, bin ich fast aus dem Bett gefallen, als etwas gegen die Hauswand krachte. Durch die Jalousie erspähte ich im strömenden Regen den Bautrupp, der anfing rund ums Haus auszuschachten.

Prima, dachte ich, da hatten sie einen ganzen Sommer lang Zeit und dann fangen sie Ende Oktober an mit bauen. Wahrscheinlich schachten sie nur aus und dann steht die freigelegte Grundmauer Wochenlang rum. Und das bei Regen und Kälte. Da können die Wände ja nicht trocknen.

Aber siehe da, es geschehen noch Wunder. Heute, nur eine Woche später, wurde schon mal begonnen, die Wand zu verputzen. Schauen wir mal ob und wie es morgen weitergeht. Sieht so aus, als könnte das dieses Jahr noch was werden.

Ach, und dann war noch ein Scheinwerfer unseres Corsa kaputt. Mein Mann wollte die Lampe selbst tauschen, kapitulierte aber rechtzeitig und fuhr in die Werkstatt. Zwanzig Minuten brauchte der Mechaniker und musste dazu noch den Luftfilter ausbauen. Als mein Mann wieder losfahren wollte, sprang das Auto nicht mehr an. Nach einem Systemcheck kam raus, dass der Mechaniker den Luftmassenmengenmesser (ein sensationelles Wort) falsch eingebaut hatte. Und das alles nur wegen einer kleinen Lampe. Das ein Lampentausch bei modernen Autos nicht einfach ist, weiß ich, seit ich meine Hand mal in den Scheinwerfer einer A-Klasse stecken musste. Helfenderweise, weil meine Hand klein genug dafür war. Tastend drehte ich die alte Lampe raus und die neue wieder rein. Das war ein ziemliches Gefummel.

Abschluss mit losen Enden

Quelle: Perrypedia
Quelle: Perrypedia

PERRY RHODAN NEO 99 – »Showdown für Terra« von Oliver Plaschka

Der Meister der Harmonie darf nicht nur den Zyklus zu Ende bringen, sondern auch mit Band 99 den letzten Roman nach einem Exposé von Frank Borsch schreiben. (Band 100 wird der Exposéautor selbst schreiben.) Dabei steht Oliver Plaschka vor der kniffligen Aufgabe alle losen Fäden zu einem Ende zu verknüpfen. Was angesichts der Fülle noch offener Handlungsstränge eine unlösbare Aufgabe ist. Er konzentriert sich daher auf die Handlung um Perry Rhodan und Reekha Chetzkel.

Auf der Orbital-Station über Terra kommt es zum Finalen Kampf zwischen den Arkoniden und den Menschen, wobei nicht alle Arkoniden auf einer Seite kämpfen. So versuchen sowohl die Stationskommandantin als auch der Celista Jemmico den Reekha mit allen Mitteln aufzuhalten. Ihre plötzliche Treue den Terranern gegenüber kommt überraschend und wird wenig überzeugend erklärt, was sicher dem Zeitdruck geschuldet ist, unter dem der Autor stand. Auch Rhodan und die Mutanten tun alles um die Katastrophe zu verhindern, nicht ohne das der Expokrat dafür tief in die Trickkiste greifen muss. Es wird gekämpft, gemordet, getäuscht und manipuliert. Fürsorger Satrak schickt seine KI ins Rennen, weil er selbst indisponiert ist. Dabei wäre er eigentlich derjenige, der den Reekha hätte aufhalten müssen und können, denn er ist ja nicht tot und Chetzkels Machtübernahme war im Grunde nicht Rechtens. Aber so ein baumbewohnender Kolonialarkonide ist nun mal nicht die große Actionfigur, die man in spannende Abenteuer schickt. Das übernimmt Jemmico, der in den vergangenen Roman zwar an Format gewonnen hat, dessen plötzliche Wendung hin zu den Terranern aber nicht umfassend herausgearbeitet wird. Er opfert im Grunde seine Karriere für die Menschen, die er noch vor Wochen gefangengenommen und zum Mars deportiert hat.

Das Chetzkel sich von den Mutanten hereinlegen lässt, ist seinem durchgedrehten Verstand geschuldet. Er agiert am Ende wie im Rausch und ist blind für logische Schlussfolgerungen. Nur deswegen kann er besiegt werden. Da war wenig zu spüren von dem einst so erfolgreichen und logisch denkenden Feldherrn.

Interessant ist auch hier, dass es nicht Perry Rhodan selbst ist, der den Reekha zur Strecke bringt, sondern Jemmico. Ein weiterer Hinweis darauf, wie sich die Autoren bemühen, dass Rhodan eine weiße Weste behält. Für mich fühlt sich das nicht nach dem richtigen Ansatz an. Ich wünschte mir Rhodan ein wenig härter und kompromissloser.

Als eine Arkonbombe droht die Erde zu vernichten, taucht unerwartet Bully mit einer neuen Flotte auf und rettet die Erde quasi in letzter Minute. Das war der Punkt, wo ich den Kopf schütteln musste. Hier wurde großes Potential verschenkt. Ich hätte zu gern gewusst, wie Bully mit dem Haluter Fancan Teik auf Vulkan den Stützpunkt der Ersten in Besitz nimmt. Während in einigen Vorgängerromanen herumgetrödelt und sinnlose Handlungen generiert wurden, fehlt nun am Ende die Zeit, um das eigentlich wichtigste zu erzählen. Ein oder zwei Bände mehr, hätten der Handlung sicher gut getan und auch dem Autor geholfen seine Geschichte überzeugender zu erzählen. Da hätten manchmal nur ein paar Sätze mehr aungerecht, um einige offensichtliche Löcher zu stopfen.

Oliver Plaschka rettet das, was zu retten ist mit einem spannenden Plot, der zwar ein paar Unstimmigkeiten aufweist, aber den Leser zumindest bis zum letzten Wort fesselt und durch die sehr schöne Figurenzeichnung. Man fühlt als Leser mit den Figuren. Egal ob Chetzkel und Mia Weiß, Jemmico oder Rhodan sie agieren ihrem Charakter entsprechend und stellenweise sehr gefühlvoll. Rhodans finale Gedanken trieben mir auf der letzten Seite tatsächlich die Tränen in den Augen und das im positiven Sinne.

Es hätte mindestens noch zwei solcher Bände gebraucht, um die Handlung des Zyklus, beziehungsweise die Ära Borsch zu einem zufriedenstellenden Ende zu bringen. So wirkt »Showdown um Terra« hektisch und trotz des Meisters der Harmonie etwas unrund. Schade!