Ein erstes Testleser-Feedback

Ein bisschen aufgeregt war ich ja, als ich die E-Mail mit dem ersten Feedback zu meinem Punkroman aufgemacht habe. Denn mein Testleser hat einen Namen in der Punk-Szene und nicht nur irgendeinen. Ich sprechen von niemand Geringerem als vom »Meister des Chaos« – Karl Nagel – höchstpersönlich. Keiner kennt die Szene besser als der Initiator der Chaostage. Genau deshalb war es mir wichtig, sein Urteil einzuholen.

Das bekam ich heute in einer umfangreichen E-Mail zu hören. Vieles was er angemerkt hat, konnte ich nachvollziehen. Das Argument »Mein Protagonist sei nicht gestört genug für einen Punk« hatte ich schon fast befürchtet. Der Charakter ist dann doch netter geworden, als ich es wollte. Wobei hier der große Widerspruch im Raum steht. Wie böse darf ein tragender Charakter sein, damit er vom Leser nicht abgelehnt wird? Und wie nett muss er sein, damit sicher der Leser mit der Figur identifizieren kann? Das ist ein schmaler Grad. Der Leser braucht mindestens eine Figur zum Anlehnen. Wenn er die nicht bekommt, könnte er sich vor den Kopf gestoßen fühlen.

Ich muss jedenfalls noch mal darüber nachdenken, was das Punk-Sein meines Helden ausmacht. Was ihn nährt und was ihn antreibt? Darüber werde ich mir in den nächsten Tagen ernsthaft den Kopf zerbrechen.

Das andere, was er bemängelte, waren die vielen Klischees zu Punks. Da bin ich jetzt unsicher. Wenn ich die rausnehme, und durch persönliches ersetze, ist es dann noch als Punk zu erkennen? Weil ich den Roman nicht nur für Punks schreibe, sondern vor allem für Menschen, die sich damit nicht so gut auskennen. Werden sie die Klischees nicht irgendwie vermissen? Auch darüber muss ich nochmal nachdenken.

Ich habe mich auf jedenfalls gefreut, dass sich mein Testleser so viel Mühe gegeben hat, das Manuskript zu lesen und mir seine Sichtweise zu schildern. Das bedeutet mir echt viel.

6 thoughts on “Ein erstes Testleser-Feedback

  1. „Weil ich den Roman [..] vor allem für Menschen [schreibe], die sich damit nicht so gut auskennen.“

    Aber muss man denen dann wirklich „Verallgemeinerungen (Wahr und/oder Unwahr)“ servieren nur weil sie es erwarten?
    Ich finde es viel spannender wenn ein Charakter mit Klischees bricht und man als Leser das Gefühl bekommt: „Hey, der ist ja gar nicht so 08/15 wie ich mir das gedacht habe!“
    Dadurch hält man einem Leser doch sogar noch viel klarer einen Spiegel vor.

  2. Ist die von Karl Nagel genannte Gestörtheit etwa kein Klischee? Die Frage, was einen „echten“ Punk ausmacht, dürfte ähnlich schwer zu beantworten sein wie die Frage nach einer Definition für Science Fiction.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert